Obama warnt Trump vor "Deals" mit Russland

Barack Obama und Angela Merkel bei ihrer Pressekonferenz
Merkel empfing den scheidenden US-Präsidenten in Berlin zu einem Abschiedsbesuch.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat US-Präsident Barack Obama offiziell zu dessen Abschiedsbesuch in Berlin empfangen. POTUS Obama hat seinen gewählten Nachfolger Donald Trump vor einer Aufgabe wichtiger Prinzipien im Verhältnis zu Russland gewarnt. Obama sagte am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel, er hoffe, dass der neue Präsident nicht nur eine realpolitische Position beziehen werde und sage: "Wir machen einfach Deals mit Russland, selbst wenn das jemandem schaden kann oder internationale Normen verletzt oder kleineren Ländern schadet." Er hoffe, dass Trump einen konstruktiven Ansatz in den Beziehungen weiterverfolge, aber zugleich bereit sei, deutlich zu machen, wenn unterschiedliche Interessen vorhanden seien.

Obama warnte auch vor einer Entwicklung zu "krudem Nationalismus", der sich von einem "guten Patriotismus" unterscheide. Die Menschen seien in der globalisierten Welt "mit einem sehr schnellen Wandel konfrontiert", der auch verunsichere. Ihnen müsse die Politik "konstruktive Angebote" machen. "In letzter Konsequenz" bleibe er aber optimistisch, nicht nur was Amerika anbelange, sondern die Richtung, in die die Welt sich entwickle. "Der Fortschritt wird weitergehen", betonte der US-Präsident. "Wir müssen unseren Werten treu bleiben - wenn wir das tun, gehen wir den richtigen Weg."

Amt des US-Präsidenten erfordert "Ernsthaftigkeit"

Trump werde auch bald erkennen, dass man in so einem diversen Land mit einer großen Bandbreite an Menschen zusammenarbeiten müsse. Er werde in den nächsten Monaten alles daransetzen, dass der Übergang in geordneten Bahnen abläuft. "Das Amt hat große Anforderungen, es gibt Erwartungen aus aller Welt", erläuterte Obama. "Das erfordert Ernsthaftigkeit. Wenn du das nicht ernstnimmst, bist du nicht lange dort, weil es für Probleme sorgt. Und selbst wenn du alles ernst nimmst, kommen Sachen auf dich zu, die gefährlich sein können".

Die gesamte Pressekonferenz (ab Minute 41:30)

Gegenseitiges Lob zum Abschied

Merkel hat den scheidenden US-Präsidenten als verlässlichen Partner auch in schwierigen Zeiten gewürdigt. Sie bedanke sich für eine acht Jahre lange enge, vertrauensvolle und freundschaftliche Zusammenarbeit. Vor dem Hintergrund der Affäre um das Abhören ihres Handys durch den US-Geheimdienst NSA sagte die Kanzlerin, mit Obama habe es auch in solch schwierigen Stunden eine verlässliche Zusammenarbeit gegeben. Zugleich betonte Merkel, die Kooperation der deutschen Geheimdienste mit den US-Diensten sei angesichts der terroristischen Bedrohung unerlässlich. "Wir brauchen diese Kooperation", sagte sie.

Auch der US-Präsident sparte nicht mit lobenden Worten für die deutsche Kanzlerin. "Wenn ich Deutscher wäre, wäre ich ihr Anhänger", sagte er bei der gemeinsamen Pressekonferenz. Auf die Frage, ob Merkel noch einmal als Kanzlerin antreten solle, wollte Obama aber nicht antAngela Merkel lässt eine erneute Kanzlerkandidatur weiterhin offen. worten. Es sei ihre Sache, ob sie noch einmal zu einer Bundestagswahl antreten wolle. Und es sei letztlich Sache des deutschen Volkes, die Führung seines Landes zu bestimmen.

Merkel lässt Kandidatur weiterhin offen

Merkel ließ in ihrer Fragebeantwortung eine erneute Kanzlerkandidatur weiterhin offen. Sie werde diese Frage zu einem geeigneten Zeitpunkt beantworten, wiederholte die Bundeskanzlerin. "Und der ist heute nicht gegeben", ergänzte sie.

Merkel gab sich aber auch gegenüber des nächsten US-Präsidenten Donald Trump diplomatisch. "Natürlich werde ich auch alles daran setzen, mit dem neu gewählten Präsidenten dann gut zusammenzuarbeiten", sagte sie. Sie hob hervor, dass die Beziehungen Deutschlands und Europas zu den USA ein "Grundpfeiler unserer Außenpolitik" seien. Diese sei auch an Werte wie Demokratie, Freiheit und das Eintreten für Menschenrechte gebunden. Merkel hatte Trump direkt nach dessen Wahlsieg an ähnliche Grundwerte erinnert.

Obama wiederum warb in Berlin für das Projekt Europa, die Staaten müssten sich weiterhin um dessen Erhalt bemühen. "Ich glaube weiter daran, dass die Europäische Union eine der größten Errungenschaft der Welt ist", erklärte er. "Man muss diese Errungenschaften kultivieren und dafür kämpfen." Der Austritt Großbritanniens solle so geräuschlos und problemlos wie möglich gestaltet werden.

Werbung für TTIP

Merkel will an den Plänen für das transatlantische Handelsabkommen TTIP festhalten. Man sei bei TTIP ein gutes Stück vorangekommen, sagte die deutsche Kanzlerin auf der gemeinsamen Pressekonferenz. Zwar könne das Abkommen nun zwar nicht unter Dach und Fach gebracht werden. Die Verhandlungen seien ein gutes Stück voran gekommen, könnten aber "jetzt nicht beendet werden", sagte Merkel nach ihrem Gespräch mit Obama. Sie sei "ganz sicher, wir werden eines Tages auch darauf zurückkommen", fügte sie hinzu.

Obama warnt Trump vor "Deals" mit Russland
U.S. President Barack Obama is welcomed by German Chancellor Angela Merkel upon his arrival at the chancellery in Berlin, Germany, November 17, 2016. REUTERS/Fabrizio Bensch

Sie werde zudem alles daran setzen, auch mit dem neugewählten Präsidenten Donald Trump gut zusammenzuarbeiten, so Merkel. Trump gilt als Gegner des Freihandels. Obama sagte, es sei wichtig, dass die TTIP-Verhandlungen aufrechterhalten würden.

Obama warnt vor politischer Spaltung

Obama hat zuvor vor wachsenden politischen Spannungen in den westlichen Demokratien gewarnt. "Wenn die globale Wirtschaft nicht auf Menschen reagiert, die sich zurückgelassen fühlen, wenn die Ungleichheit weiter wächst, werden wir erleben, dass sich die Spaltungen in den Industrieländern ausweiten."

Das sagte Obama in einem am Donnerstag zunächst in Auszügen veröffentlichten Interview des Nachrichtenmagazins Der Spiegel und der ARD. Zugleich lobte er die Politik der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Sie steht für große Glaubwürdigkeit, und sie ist bereit, für ihre Werte zu kämpfen." Die Deutschen sollten Merkel wertschätzen.

Verteidigt "Obamacare"

Zu den Plänen seines gewählten Nachfolgers Donald Trump sagte Obama, dessen Ankündigung, die Krankenversicherung für alle US-Bürger ("Obamacare") zurückzunehmen, sehe er kritisch. Trump sage, dass er das Gesundheitssystem verbessern könne: "Wenn er die gleiche Anzahl von Menschen krankenversichern kann - und zwar besser als ich -, dann würde ich dies unterstützen."

Mit Kaffee am Brandenburger Tor

Merkel und Obama begrüßten sich am Donnerstagnachmittag mit einem Lächeln und Wangenküsschen vor dem deutschen Kanzleramt. Obama zeigte sich zuvor kurz vor dem Brandenburger Tor, als er mit einem Kaffeebecher in der Hand von der US-Botschaft über den Pariser Platz zum Hotel "Adlon" ging. "Hallo Leute, wie geht's?", sagte ein gut gelaunter Obama und freute sich über eine Regenpause in der deutschen Hauptstadt: "Die Sonne ist rausgekommen. Nicht schlecht."

Obama warnt Trump vor "Deals" mit Russland
U.S. President Barack Obama walks past the Brandenburg Gate during his visit to Berlin, Germany November 17, 2016. REUTERS/Kevin Lamarque

Höchste Sicherheitsvorkehrungen

Für den Präsidentenbesuch gelten höchste Sicherheitsvorkehrungen. Das Berliner Regierungsviertel ist weiträumig abgesperrt, auf den Dächern am Pariser Platz halten Scharfschützen die Stellung. Laut Polizei sind in Spitzenzeiten rund 2.400 Beamte im Einsatz.

Obama nächtigt im Luxushotel "Adlon", wo er nach seiner Ankunft am Mittwochabend bereits zu einem privaten Abendessen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammengekommen war. Der im Jänner aus dem Amt scheidende US-Präsident gönnte sich einen entspannten Donnerstagmorgen ohne öffentliche Termine. Anschließend traf er sich mit dem US-Botschafter in Berlin, John Emerson, zu einem zweistündigen Mittagessen.

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