"Nawalny"-App mit Beginn der Russland-Wahl aus Systemen gestrichen

RUSSIA-VOTE
Die Parlamentswahlen haben begonnen und die Opposition wurde weiter eingeschränkt. Google und Apple wegen Blockade von "Smart Voting" in der Kritik.

In Russland öffneten heute Früh die Wahllokale. Bis einschließlich Sonntag sind rund 110 Millionen Wahlberechtigte in Russland aufgerufen, neue Abgeordnete ins Parlament (Duma) zu wählen. Die Kremlpartei Einiges Russland will ihre absolute Mehrheit verteidigen. In vielen Regionen werden zudem zeitgleich Regional- und Stadtparlamente gewählt.

Mit einer "Smart Voting"-Kampagne versucht die Opposition, der Übermacht der Kremlpartei entgegen wirken zu können. Indem man sich in den jeweiligen Wahlkreisen immer hinter einem gemeinsamen Kandidaten vereinigt, will man ein Aufsplittern der Oppositionsstimmen verhindern. Eine App namens "Nawalny", benannt nach dem inhaftierten Kremlkritiker Alexej Nawalny, sollte bei der Auswahl des Kandidaten helfen.

App gelöscht

Doch als die Wahl heute startete, konnten die Wähler die App plötzlich nicht mehr aufrufen. Nachdem der Kreml Druck auf Google und Apple ausgeübt hatte, haben die beiden Internetkonzerne die App aus ihren Systemen gestrichen. In der Duma hatte es am Donnerstag eine Sitzung gegeben, von der aus eine "Warnung" an Google und Apple ausgesprochen worden ist, "Gesetze in Russland nicht zu verletzen".

FILE PHOTO: The Russian opposition politician Alexei Navalny's Smart Voting app is seen on a phone, in Moscow

"Smart Voting"-App wurde gesperrt

Die Homepage zum "Smart Voting" ist in Russland offenbar seit Tagen blockiert. Lokale Behörden hatten zudem den Internet-Suchmaschinen Google und Yandex untersagt, die Ergebnisse der Suchanfrage der hintereinander eingegebenen Begriffe "Smart" und "Voting" anzuzeigen. Geklagt hatte ein Wolle-Vertrieb, der den Begriff als Marke registriert hatte. Das Unternehmen soll mit dem russischen Sicherheitsapparat in Verbindung stehen.

Der Nawalny-Vertraute Iwan Schdanow kritisierte Google und Apple dafür, dass sie in Russland die App aus den Stores entfernt hätten. Die Konzerne verletzten damit grundlegende Menschenrechte, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. Man wolle die beiden Unternehmen klagen.

Wahlbetrug befürchtet

Der Urnengang gilt als wichtiger Stimmungstest für Präsident Wladimir Putin und als richtungsweisend für seine mögliche Nachfolge. Die Machthaber im Kreml versuchen vor allem eines: die Wahlbeteiligung gering zu halten - vor allem dort, wo viele Kritiker leben.

Die Opposition warnt vor systematischem Wahlbetrug. Vor allem die neue Möglichkeit der elektronischen Abstimmung sei eine "ungeheuerliche Maßnahme", heißt es aus dem Umfeld Alexej Nawalnys. Auch Politikwissenschaftler warnen vor Mißbrauch.

Dabei gebe es "überhaupt keine Möglichkeit" zu überprüfen, ob Stimmen tatsächlich gezählt wurden, sagt die Sprecherin des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny, Kira Jarmysch. "Am Ende können sie eine beliebige Zahl nennen, die man nicht überprüfen kann. Das ist einfach Gaunerei."

 

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