Nach Trump-Pleite: Merkel letzte Konstante der westlichen Welt
Und wieder einmal war es die Stunde der Angela Merkel. Wobei nicht klar ist, wodurch sich die sonst eher vorsichtige deutsche Kanzlerin zu so deutlichen Worten hinreißen ließ – die bayerische Bierzeltatmosphäre, in der es von Haus aus deftiger zugehen muss; oder das schockartige Erlebnis, in Brüssel und in Taormina auf einen Weltmachtführer getroffen zu sein, der sich in keine herkömmliche Kategorie und schon gar nicht in eine gemeinsame Zukunft einordnen lässt. "Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen", sagte Merkel bei dem Wahlkampfauftritt in München am Sonntag nach ihren Begegnungen mit Donald Trump, "die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei, das habe ich in den letzten Tagen erlebt."
Nichts zu beschönigen
Dennoch, der Transatlantik-Koordinator der Regierung, Jürgen Hardt, legt nach: Es habe noch nie so viele Widersprüche in den Aussagen eines US-Präsidenten gegeben. Die Lehre daraus: Die dringend nötige Stärkung der EU, "die Welt blickt heute mehr auf Deutschland und Europa, als in früheren Zeiten". Und CDU-Vize Armin Laschet hofft auf Zusammenarbeit mit Frankreichs Präsidenten Macron, etwa bei der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik.
Darauf zielt Merkels Sager ebenfalls ab, sagt Heinisch. "Es ist auch eine Ansage an die deutsche Innenpolitik und ein Aufruf an die Bevölkerung. Wenn Deutschland mit Frankreich an einem Strang ziehen und eine Führungsrolle spielen will, muss es Opfer bringen" - und etwa Macron wirtschaftspolitisch entgegenkommen.
Fels in der Brandung
Dass SPD-Chef Martin Schulz auch fordert, Europa müsse stärker seinen eigenen Weg gehen, passt auch: Es wirkt wie ein Hinterhertrappeln hinter der entschlossenen Kanzlerin.
Aber wie kann der eigene Weg aussehen? Experte Heinisch ist überzeugt, dass es keine programmatischen Änderungen geben wird. "Ich glaube, Europa kann ohne die USA nicht für seine eigene Sicherheit sorgen, das ist illusorisch." Chancen sieht Wolfgang Ischinger, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz. Er fordert, Entscheidungsprozesse in der EU zu straffen, das Vetorecht zu reformieren: "Wieso kann die EU nicht in außenpolitischen Fragen mit Mehrheit entscheiden? Dann können wir endlich auch in schwierigen und kritischen Fragen handlungsfähig dastehen."
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