Das Rezept der EU gegen Trump: Selbstbewusstsein

Die kalten Duschen des US-Präsidenten stürzen die EU nicht in Depressionen.

Dass sich Donald Trump auf seiner Europa-Tour tatsächlich so benehmen würde, wie man in Brüssel stets befürchtet hatte, sorgte bei den Spitzen von EU und NATO nur kurz für Erstarrung: Eine Abfuhr zum Klimaabkommen, Kopfwäsche für ein "sehr schlechtes Deutschland" und Levitenlesen für die NATO-Mitgliedsstaaten – eine Serie von kalten Duschen ließ der US-Präsident auf die verdutzen Europäer niederregnen.

Die erste, die nach den Schockmomenten ihre Sprache wiederfand, war Deutschlands Kanzlerin Merkel: "Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei", warnte sie (siehe oben). Ähnliches hört man aus allen Ecken der Hauptstadt Europas: Mit US-Präsident Trump leiden die europäischen Beziehungen zum auf ewig eng und vertraut scheinenden Verbündeten USA schwer. Die einzig logische Schlussfolgerung aber könne nur sein: Mehr Selbstbewusstsein und Geschlossenheit der EU-Mitgliedsstaaten. "Die EU ist kein Anhängsel von irgendwem", sagt Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin des EU-Parlaments zum KURIER.

Geschlossene Reihen

"Es geht darum sicherzustellen, dass Europa sein eigenes Schicksal bestimmt", stellte gestern auch ein Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claud Juncker klar. Trumps rüpelhafter Kurs könnte sich letztlich sogar als Schub dafür erweisen, die Schwächen der EU, aber auch der NATO anzupacken. "Die EU muss sich auf ihre eigenen Stärken besinnen, nationale Egoismen endlich zurückstellen und selbst zu einem Anker der Stabilität werden", fordert EU-Abgeordneter Othmar Karas (ÖVP). Dazu brauche es ein "viel stärkeres und einheitliches Auftreten Europas in der Außenpolitik und langfristig eine europäische Verteidigungsarmee".

Und in der Klimapolitik, fordert wiederum Lunacek, "kann sich die EU sowieso nicht leisten, ihre Vorreiterrolle aufzugeben". Sie müsse also ihre ambitionierten Ziele für Energieeffizienz und erneuerbare Eneergien mit verbindlichen Vorgaben für die Mitgliedsstaaten durchsetzen.

" Angela Merkel hat Recht, dass die EU künftig selbständiger auftreten muss", fordert auch die Delegationsleiterin der SPÖ-Abgeordneten imEU-Parlament. "Eigenständigkeit heißt aber nicht, die USA zu kopieren und hochzurüsten. Es heißt vor allem, mehr soziale Verantwortung übernehmen."

Trumps Kopfwäsche für die säumigen NATO-Zahler nehmen die Mitgliedsstaaten auch nicht widerspruchslos hin. Das Ziel, bis zum Jahr 2024 zwei Prozent des jeweiligen BIPs in die Verteidigung zu investieren, haben die 28 NATO-Staaten bereits vor zwei Jahren fixiert. Das war aber nicht Donald Trump geschuldet, sondern Wladimir Putin. Nach der russischen Annexion der Krim und dem Krieg in der Ostukraine war klar: Die NATO muss wieder mehr für ihre Verteidigung ausgeben und aufrüsten.

Unerlässlicher Partner

Doch auch wenn der unfreundliche Kurs der Trump-Administration gegen Europas Polit-Spitze diese nicht in Depressionen stürzt, weiß man in der EU genau: Ohne die USA geht gar nichts – in Verteidigung, Sicherheit und Wirtschaft agieren die USA als ein unerlässlicher Partner – ganz egal, wer im Weißen Haus sitzt. Die USA sind der größte Handelspartner der EU; ein garantiertes Sicherheitsschild für die Europäer scheint ohne die Unterstützung der mächtigsten Armee der Welt undenkbar.

Und so bemühte sich die EU-Kommission sogleich zu versichern: "Wir wollen die guten transatlantischen Beziehungen fortsetzen. Sie bleiben von entscheidender Bedeutung zur Sicherung von Sicherheit und Wohlstand in der Welt."

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