Nach dem Lockdown steigen Flüchtlingszahlen wieder

Aus Seenot gerettete Migranten vor Gran Canaria
Doch ein massiver Anstieg ist in der EU vorerst nicht zu erwarten. Gründe: Stärkerer Grenzschutz, Flüchtlingsdeal mit der Türkei.

Die Corona-Pandemie hat auch in die Fluchtrouten nach Europa gewaltige Schneisen geschlagen. Knapp 50.000 Flüchtlinge und Migranten sind heuer in der EU angekommen – so wenige wie seit vielen Jahren nicht mehr.

Der Rekordmonat mit der niedrigsten Zahl von Ankünften war der April. Damals war es wegen des nahezu weltweiten Lockdown auch für Schlepper kaum möglich, Menschen in Boote zu setzen oder über die grüne Grenze zu schmuggeln.

In Griechenland wurden heuer nach jüngsten Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um die Hälfte weniger Ankünfte registriert.

Doch für die hoffnungslos überfüllten Lager auf den ost-ägäischen Inseln brachte dies bisher kaum Entspannung. In dem für knapp 3.000 Menschen ausgerichteten Camp Moria auf Lesbos etwa leben derzeit 13.000 Menschen unter unwürdigsten Bedingungen.

Nach dem Lockdown steigen Flüchtlingszahlen wieder

Flüchtlingslager Moria auf der greichischen Insel Lesbos

Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Belgien haben begonnen, Kinder von den Inseln aufzunehmen. Österreichs Regierung lehnt dies vehement ab. Man sandte stattdessen Container nach Griechenland, wo Flüchtlinge unterkommen können.

Halbiert haben sich heuer die Flüchtlingszahlen auch in Spanien. Einen Anstieg gab es hingegen über die zentrale Mittelmeerroute: Italien und Malta registrierten ein Plus von 155 Prozent – auf mehr als 20.000 Menschen. Auffällig war dabei, dass sich viele Tunesier und Algerier auf den gefährlichen Seeweg nach Norden begaben. Insgesamt betrug der Anteil von Syrern und Afghanen an den heuer in der EU angekommenen Migranten und Flüchtlinge nur jeweils ein Zehntel.

Seit Juli steigen die Flüchtlingszahlen wieder – ausgehend von einem niedrigen Niveau. Knapp 9.000 Ankünfte wurden im Juli europaweit registriert, das war ein Drittel mehr als im Juni.

Verstärkte Grenzen

Ein massiver Anstieg der Zahlen dürfte aber selbst nach endgültigem Ausklingen der Corona-Pandemie nicht zu erwarten sein: Der Flüchtlingsdeal der EU mit der Türkei hält den Flüchtlingsstrom gedrosselt. In Libyen hat die EU die Küstenwache mit Material, Geld und Ausbildung gestärkt. An allen EU-Außengrenzen werden künftig mehr Frontex-Beamte im Einsatz sein.

Was aber nach wie vor auf sich warten lässt, ist der angekündigte EU-Migrationspakt. Hier tobt ein alter Streit: Zwischen Staaten, die auf die Verteilung von Flüchtlingen pochen – wie Italien und Griechenland –, und Staaten, die sich gegen diese wehren – wie Österreich. Man plädiert stattdessen für "flexible Solidarität".

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