Transnistrien: Terror-Warnstufe "Rot" nach mehreren Anschlägen
Die von prorussischen Separatisten kontrollierte Moldau-Region Transnistrien hat die Terror-Warnstufe auf "Rot" angehoben. Es seien zudem mehrere Kontrollposten eingerichtet worden.
Aus der an die Ukraine grenzenden Region wurden in den vergangenen Stunden mehrere Zwischenfälle von Lokalbehörden gemeldet. Explosionen sollen das Hauptquartier der Staatssicherheit erschüttert und zwei Sendemasten aus Sowjetzeiten beschädigt haben. Auch eine Militäreinheit sei angegriffen worden.
Radiomasten gesprengt
Die Sprengung zweier Radiomasten in der moldauischen Konfliktregion Transnistrien droht die Lage in der Region weiter zu verschärfen. Die Präsidentin der Republik Moldau, Maia Sandu, berief für den Nachmittag eine Sitzung des Sicherheitsrats ein. Die Funkzentrale hatte mit zwei Masten russische Radiosender übertragen. In Transnistrien sind russische Soldaten stationiert.
Laut einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Tass meldete zudem der Sicherheitsrat einen terroristischen Angriff auf eine Militäreinheit in der Nähe der Stadt Tiraspol. Es handelte sich nach Angaben der lokalen Nachrichtenagentur Nowosti PMR um einen von drei solchen Angriffen in der Region.
In Moskau sprachen hochrangige Politiker von Provokation: "Die Vorgänge in Transnistrien sind eine Provokation mit dem Ziel, Russland noch tiefer in die Kriegshandlungen in der Region hineinzuziehen", sagte der Chef des Duma-Ausschusses für die GUS, Leonid Kalaschnikow.
Schon am Montag war das Ministerium für Staatssicherheit in der transnistrischen Hauptstadt Tiraspol beschossen worden. In beiden Vorfällen kamen Personen nicht zu Schaden. Der Sicherheitsrat von Transnistrien verhängte am Dienstag die rote und damit höchste Terrorwarnstufe in dem Gebiet.
Moldau im Visier Russlands
Der Krieg in der benachbarten Ukraine sorgt in der Republik Moldau für Unruhe. Es wird befürchtet, dass Russland nach dem Einmarsch in der Ukraine auch die Republik Moldau ins Visier nehmen könnte.
Seit 1991 ein unabhängiger Staat, kam es in den späten 1980-er Jahren in Moldau zu Konflikten zwischen der Zentralregierung in der Hauptstadt Chișinău und den mit ethnischen Minderheiten bewohnten Gebieten - insbesondere Transnistrien. Die Dnjestr-Republik hat sich im Jahr 1990 von Moldawien losgesagt, ab 1992 eskalierte die Situation und es kam zu einem Krieg mit über 1.000 Toten, der schließlich mit der De-facto-Unabhängigkeit des Landesteils endete.
Russland hat in Transnistrien seither bis zu 1.500 Soldaten als "Friedenstruppen" stationiert, die russische Armee verfügt in der Region zudem über einen Militärstützpunkt und ein großes Munitionslager.
In der vergangenen Woche hatte der ranghohe russische General Rustam Minnekajew gesagt, Aufgabe der russischen Armee sei es, die Kontrolle über den Donbass und die Südukraine zu erlangen. Auf diese Weise könne eine Landverbindung zur annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie nach Transnistrien hergestellt werden. Russischsprachige Menschen würden dort "unterdrückt", behauptete Minnekajew.
Moldau reagierte auf Moskaus Drohung. Das Außenministerium bestellte den russischen Botschafter ein, um die "tiefe Besorgnis" über die Äußerungen des hochrangigen Moskauer Militärkommandeurs zum Ausdruck zu bringen. Der Vorwurf, in Moldau würde die russischsprachige Bevölkerung unterdrückt, sei unbegründet, erklärte das Außenministerium auf seiner Internetseite.
Moldaus Neutralität müsse "von allen internationalen Akteuren, einschließlich der Russischen Föderation, respektiert werden“.
Täglich mehr als 2.000 Flüchtlinge
Vor rund zwei Monaten hat Russland die Ukraine überfallen, mehr als 5,2 Millionen Menschen mussten laut dem UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) bereits aus ihrer Heimat flüchten. Viele reisten in die Nachbarländer. Besonders betroffen ist mit Moldau eines der ohnedies ärmsten Länder Europas.
2,6 Millionen Menschen leben in der ehemaligen Sowjetrepublik, mehr als 608.000 Vertriebene in der Ukraine sind bereits ein-, der Großteil davon weitergereist. Doch knapp 100.000 Ukrainer blieben in ihrem Nachbarland. In Relation zu seinen Einwohnern hat Moldau mehr Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen als jedes andere Land.
"Man weiß nicht, was morgen ist", sagt die 18-jährige Natalia. Sie ist mit ihrer 33-jährigen Schwester, ihrem neunjährigen Bruder und der 53-jährigen Mutter aus Cherson geflüchtet. "Wir haben lange gewartet und die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die Russen wieder das Land verlassen", sagt sie im Auffangzentrum der moldauischen Regierung nahe des Grenzübergangs Palanca. "Doch jetzt haben wir uns dazu entschieden wegzugehen", berichtet Natalia im östlichsten Dorf der Republik Moldau.
Rund 2.100 Menschen reisen derzeit jeden Tag von der Ukraine nach Moldau, das auch als Armenhaus Europas gilt. 90 Prozent der geflüchteten Menschen sind in privaten Unterkünften im kleinen Nachbarland untergebracht, sagt die österreichische Botschafterin in der Republik Moldau, Stella Avallone. "Die Hilfsbereitschaft ist enorm." Die Menschen sind solidarisch mit den Ukrainern.
Am Montag reiste der Flüchtlingskoordinator der österreichischen Regierung, Michael Takacs, nach Moldau, um sich selbst ein Bild von der Situation dort zu machen. "Die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Einrichtungen und Hilfsorganisationen hat sich in Moldau genauso wie in Österreich bewährt", sagt er nach dem Besuch an der moldauischen Grenze Palanca. "Das kann niemand alleine stemmen", betont er.
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