Bloomberg: Ein Milliardär als letzte Hoffnung der Demokraten
Vielleicht lag es an den Telepromptern, die sein Voraus-Team in der Hardywood-Brauerei links und rechts des Rednerpults genau auf die Körpergröße von 1,72 Meter des achtreichsten Mannes der Erde austariert hatten und von denen er sein Manuskript vorlas. Oder Michael Bloomberg, steif und patrizierhaft, wie er nun mal wirkt, redet grundsätzlich lieber über Menschen hinweg als emphatisch zu ihnen.
Jedenfalls fiel der mit der U 2-Hymne „Beautiful Day“ eingeläutete Kurz-Auftritt des 77-Jährigen am Wochenende in Richmond/Virginia in der Abteilung Menschelndes so überschaubar aus, dass sich einige beim Rausgehen an das „Impuls-Referat eines Vorstandsvorsitzenden“ erinnert fühlten. Routiniert, aber nicht begeisternd.
Kann man so für die Demokraten an das Präsidentschaftsticket gegen Donald Trump gelangen? „Ich hoffe doch sehr“, sagt Martha Brennan Cameri und schlürft aus ihrem von Bloomberg für alle 600 Gekommenen spendierten Freigetränk: „Michael Bloomberg ist der Erwachsene im Raum. Er kann politisch mit Trump den Flur aufwischen. Joe Biden hat es hinter sich. Pete Buttigieg ist toll, aber sehr jung. Wenn Bernie Sanders unser Kandidat wird, werden wir am 4. November wieder mit Trump wach.“ Was die jung gebliebene Großmutter über den Unternehmer zu sagen weiß, hört man gerade häufiger.
„Bellender Karnevalsclown“
Bloomberg schwänzt die ersten vier Vorwahlen von Iowa bis South Carolina. Erst am 3. März beim „Super Tuesday“ stellt er sich dem demokratischen Souverän. Mit der von Daten-Analysen gespeisten Hoffnung, dann einen Löwenanteil der rund 1.350 von insgesamt 4.000 zu vergebenden Delegiertenstimmen für den Nominierungsparteitag im Juli abzugreifen.
Sein Mantra: „Trump spaltet die Vereinigten Staaten. Ich versuche zu vereinen. Trump twittert. Ich folge den Fakten und sage die Wahrheit. Trump macht leere Versprechungen. Ich habe bewiesen, dass ich die Dinge wuppen kann.“ Bloombergs Umfragewerte steigen stetig, landesweit schon Platz 3. Worauf Trump, laut Forbes 20-mal ärmer, wie wild lostwittert und Bloomberg ihn einen „bellenden Karnevalsclown“ nennt.
Unterdessen empfinden andere demokratische Kandidaten wie Bernie Sanders, Pete Buttigieg, Joe Biden, Elizabeth Warren und Amy Klobuchar, die Bloomberg für Leichtgewichte oder linkslastige Totengräber hält, das Scheckbuch des Sohnes jüdisch-russischer Einwanderer zunehmend wie eine Nagel-Keule.
In den drei Monaten seit Bekanntgabe seiner Last-Minute-Kandidatur hat der Technokrat aus der eigenen Tasche 360 Millionen Dollar für sehr professionelle TV-, Radio- und Digitalwerbung ausgegeben. Mehr als alle anderen demokratischen Kandidaten und Donald Trump zusammen.
Es gibt vor Bloombergs Gesicht, seiner sonoren Stimme und seinen Kurzbotschaften im Moment einfach kein Entrinnen. Bloombergs Kampagne beschäftigt in mehr als 40 Bundesstaaten gut 2.100 Leute. Tendenz steigend. Sie wurden mit Einstiegsgehältern um die 6.000 Dollar im Monat und Extras wie Laptop, Smartphone und drei Mahlzeiten pro Tag auch bei anderen Bewerbern weggekauft.
Bloomberg lässt durchblicken, dass sein Budget kein Limit kennt. Wenn es am Ende zwei Milliarden Dollar sein sollten, die er ausgeben muss – auch gut. Alles gehorcht einem Ziel, das bei Bloomberg wie Staatsräson klingt: „Trump muss gehen.“ Will sich da ein Super-Reicher das Oval Office kaufen? Bloomberg bestreitet das.
Bloomberg muss zurückrudern
Der erste Härtetest steht dem 77-Jährigen vielleicht schon am Mittwoch in Las Vegas bevor. Bloomberg könnte zum ersten Mal bei einer Fernseh-Debatte mitmachen. Obwohl er im Bundesstaat Nevada, wo am 22. Februar gewählt wird, gar nicht auf dem Zettel steht. Senatorin Amy Klobuchar begrüßt die Aussicht. „Ich kann ihn in den Ätherwellen nicht schlagen, aber auf der Debatten-Bühne.“
In Richmond deutete Bloomberg freilich an, wie dick sein Panzer ist: „Mich kann niemand schikanieren.“ Dabei sind seine offenen Flanken nicht ohne. Als Bürgermeister in New York stützte er eine rassistische Polizeitaktik namens „stop and frisk“. Übersetzt etwa: anhalten und durchsuchen.
Ohne konkrete Verdachtsmomente wurden so überproportional viele junge Schwarze und Latinos von der Polizei rüde überprüft. Bloomberg hieß das gut. Wer Halbstarken die Waffen wegnehmen wolle, hört man ihn in einem gerade kursierenden Mitschnitt schwadronieren, werfe sie am besten „gegen eine Wand und filzt sie“.
Jetzt rudert er zurück. Er habe zu lange die Kollateralschäden dieser Polizeistrategie ignoriert, sagte Bloomberg in Richmond. „Ich entschuldige mich in aller Form. Ich trage die Verantwortung dafür.“ Spätestens am Super Tuesday, 3. März, wird sich zeigen, ob ausreichend viele Wähler Michael Bloomberg Glauben schenken wollen.
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