Rechtsaußen-TikTok-Star der AfD zu Gast bei Identitären in Wien
Der Rechtsaußen-AfD-Politiker Maximilian Krah ist am Abend in Wien bei den Identitären. Dabei distanziert sich die AfD offiziell von den Rechtsextremen.
"Jeder dritte junge Mann hatte noch nie eine Freundin. Schau keine Pornos. Wähl nicht die Grünen. Steh zu dir. Echte Männer sind rechts."
"Keine Angst vor dem linken Lehrer. Sie wollen dir den Mund verbieten, wenn du die Wahrheit sagst. Aber sie haben letztlich Angst vor dir."
"Deutschland hat zu viele unnütze Studenten. Ein Land hat Zukunft nicht mit Genderwissenschaftlern, sondern Ingenieuren."
"Die Grünen hassen Deutschland. Alles, wofür Deutschland steht, wollen sie abschaffen."
Das sind Auszüge aus den meist geklickten TikTok-Videos des AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah, ein selbst innerhalb der Partei umstrittener Rechtsaußen-Politiker. Für andere, auch AfD-Wähler, ist er eine Art Ikone: Seine Videos in den sozialen Netzwerken verzeichnen zum Teil Hunderttausende Klicks. Am Donnerstagabend soll er in Wien bei der rechtsextremen Identitären Bewegung Österreich auftreten.
Das ist deswegen von Interesse, weil sich Martin Sellner, Aushängeschild der Identitären, im November des Vorjahres mit Mitgliedern der AfD und bekannten Rechtsextremisten in Deutschland getroffen hat, um über die mögliche Abschiebung von Millionen Ausländern und deutschen Staatsbürgern ausländischer Herkunft zu beraten. Das berichtete das Medienhaus Correctiv. Seither gehen in Deutschland Tausende auf die Straßen, um gegen den Rechtsruck zu demonstrieren. Selbst die AfD distanziert sich offiziell von den Identitären. AfD-Chefin Alice Weidel entließ jenen Mitarbeiter aus ihrem Stab, der an dem Treffen teilgenommen hatte.
Krah ist seit 2019 Europaabgeordnete der AfD und Spitzenkandidat der Rechtspartei bei der EU-Wahl. Bis 2016 war er Mitglied der CDU.
Gegen Grüne, Linke und Woke – und für Männer
Wofür der AfD-Politiker steht, zeigen seine Videos: Die Grünen, das Lieblings-Feindbild der AfD, vermeintlich linke, "woke" Teile der Bevölkerung wie Lehrer oder Studenten (gegendert wird natürlich nicht) – gegen sie alle hetzt der AfD-Politiker in seinen Videos. Seine Zielgruppe: junge Männer, eher nicht aus dem akademischen Bereich, die konservativ geprägt sind; "Deutsche", aber auch Eingewanderte, die sich laut Krah fürchten müssten, dass weitere Migration ihnen "die Wohnungen und die Arbeitsplätze wegnehmen".
Krah duzt sein Publikum, zeigt mit dem Zeigefinger direkt in die Kamera. Er spricht schnell, häufig von seinem Wohnzimmer aus, in kurzen Sequenzen, auf die Schnittbilder folgen. Er verwendet einfache, emotionale, zugespitzte Botschaften, gibt Dating-Tipps für "echte Männer". Belohnt wird Krah mit einer enormen Reichweite.
Weiter Aufschluss über Krahs Weltanschauung gibt sein im vergangenen Jahr veröffentlichtes Buch "Politik von rechts". Er mache sich Sorgen über Deutschland, heißt es darin: Die Einführung der Homo-Ehe, das Aufbrechen der Geschlechterrollen, die Infragestellung der traditionellen Familie und ein seit Jahrzehnten sinkender Testosteronspiegel bei jungen Männern haben seiner Einschätzung nach dazu geführt, "dass ein knappes Drittel der jungen Männer vom Sexualleben ausgeschlossen ist". Dazwischen verstreut philosophische und historische Argumente und Beispiele zur Stützung seiner Thesen.
Umstritten in der eigenen Partei
Beobachtern zufolge strebt Krah danach, den "Chefintellektuellen" der AfD, Ex-Parteivorsitzenden und Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland, zu beerben. Krah verurteilt in seinem "Manifest" den "Mainstream-Konservatismus" der Mitte-rechts Parteien, eines Friedrich Merz oder Markus Söder etwa; er formuliert sein Profil für die AfD.
Wie umstritten der 46-jährige Sachse auch innerhalb der Partei ist, zeigte sich bei seiner Wahl zum Spitzenkandidaten für die Europawahl am 9. Juni 2024: Seine Zustimmung betrug 65,7 Prozent.
Auch im EU-Parlament sorgte er für Unruhe: Die rechtsnationale Fraktion Identität und Demokratie (ID), der auch die FPÖ angehört, hat ihn bereits zweimal suspendiert. Die Gründe: Manipulationsvorwürfe um die Vergabe eines PR-Auftrags sowie Krahs Unterstützung für den rechtsextremen französischen Präsidentschaftskandidaten Éric Zemmour und nicht für seine ID-Kollegin Marine Le Pen.
Krahs Buch erschien bei Götz Kubitscheks Verlag Antaios, der vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Kubitschek gilt als rechtsextrem, neben Krah soll er auch mit dem Thüringer AfD-Landesvorsitzenden und vom Verfassungsschutz als Rechtsextremisten eingestuften Björn Höcke Kontakt haben. Kubitschek gilt als federführend an der inhaltlichen Ausrichtung der rechtsextremistischen Identitären Bewegung (IB) in Deutschland beteiligt. Er dürfte am Donnerstag ebenso bei der Veranstaltung der rechtsextremen Identitären Bewegung Österreich, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, in Wien dabei sein. Der Verleger war bereits im Herbst des Vorjahres in Wien, als Gast vom Ring Freiheitlicher Studenten (RFS); die Uni Wien untersagte die Veranstaltung jedoch in ihren Räumlichkeiten.
Stand Donnerstagmittag trägt die Veranstaltung den Namen "Partei und Vorfeld", wie auf dem Telegramkanal von Martin Sellner angekündigt wird. Eine Gegendemonstration wurde bei der Polizei angemeldet.
Geld von Ex-CDU-Politiker für Identitären-Zentrum nahe Linz
Am Donnerstag kam eine weitere Recherche in Zusammenhang mit der Identitären Bewegung in Österreich ans Licht: Der ehemalige Berliner CDU-Finanzsenator Peter Kurth soll 2019 nach Recherchen des Magazins MONITOR120.000 Euro auf das Konto einer Firma überwiesen haben, die der rechtsextremen Identitären Bewegung zugerechnet wird. Das Geld soll für eine Immobilie in Steyregg, einer Nachbarstadt von Linz, vorgesehen gewesen sein, um das Castell Aurora, ein"patriotisches Hausprojekt", zu finanzieren. Hier finden regelmäßig Veranstaltungen der rechtsextremen Szene statt. Am Mittwochabend war Götz Kubitschek dort und hat vor rund 50 Leuten gesprochen.
Der oberösterreichische Verfassungsschutz hat die - auf sozialen Medien angekündigte - Veranstaltung jedenfalls überwacht. Strafrechtlich relevante Vorfälle wurden dabei nicht festgestellt, "aber wir haben die Szene in Steyregg besonders genau im Auge", hieß es seitens der Polizei. Detail am Rande: Ein Fernsehteam des ARD war am Mittwoch auch in Steyregg dabei.
Dem Spiegel zufolge soll Maximilian Krah im vergangenen Jahr in der Privatwohnung von Kurth einem interessierten Kreis sein Buch vorgestellt haben. Unter den Gästen: Verleger Kubitschek und Martin Sellner.
(kurier.at, cfer)
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Aktualisiert am 25.01.2024, 21:16
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