Recherche: Deutsche Rechtsextreme planten Massenvertreibungen

Archivfoto aus 2001: Rechtsradikaler bei einem NPD-Aufmarsch in Deutschland.
Dem Medienhaus Correctiv zufolge waren auch AfD-Politiker bei dem Treffen im November sowie Ex-Identitären-Sprecher Martin Sellner.

Im November des Vorjahres sollen sich Mitglieder der rechtsextremen deutschen AfD, Unterstützer und bekannte Rechtsextremisten in einem Potsdamer Hotel getroffen haben, um über einen Plan für die mögliche Abschiebung von Millionen Ausländern und deutschen Staatsbürgern ausländischer Herkunft aus Deutschland zu beraten. Das geht aus einer Recherche des Medienhauses Correctiv hervor. An dem Treffen hat auch der Ex-"Identitären"-Sprecher Martin Sellner teilgenommen.

Eingeladen hatte zu der Zusammenkunft demnach unter anderen der ehemalige Mitbesitzer der Bäckerei-Selbstbedienungs-Kette "Backwerk", Hans Christian Limmer, heute einer der Eigner der Restaurant-Franchisemarke "Hans im Glück". In einem Einladungsbrief, den Correctiv zitiert, heißt es, bei der Veranstaltung werde ein "Strategiekonzept im Sinne eines Masterplans" vorgestellt, das "kein Geringerer als Martin Sellner einleitend vorstellen" werde.

➤ Mehr lesen: Der AfDler, dem die AfD zu radikal wurde

Sellner wollte ausgelagerten Staat zur Integration

Sellner sagte demnach, man wolle "maßgeschneiderte Gesetze" erlassen, um einen "hohen Anpassungsdruck" auf Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu erzeugen. Umgesetzt werden solle diese "Remigration" auch mit Hilfe eines "Musterstaates" in Nordafrika, in dem bis zu zwei Millionen Menschen leben könnten. Auch Menschen, die sich in Deutschland für Geflüchtete einsetzen, könnten dorthin.

Die anwesenden AfD-Politikerinnen und -Politiker zeigten sich laut Correctiv während des Treffens mit dem Konzept einverstanden. So habe der anwesende AfD-Fraktionsvorsitzende Sachsen-Anhalts, Ulrich Siegmund, ergänzt, man müsse in seinem Bundesland dafür sorgen, dass es "für dieses Klientel möglichst unattraktiv zu leben" werde. Die AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy sagte, sie verfolge das skizzierte Ziel schon länger und habe bei ihrem Parteieintritt selbst schon ein "Remigrationskonzept mitgebracht".

➤ Mehr lesen: Siegessichere, rechtsextreme AfD peilt in Sachsen jetzt 40 Prozent an

Auch Weidel-Referent vor Ort

Einer der Besucher des Treffens war dem Bericht zufolge auch der persönliche Referent von AfD-Chefin Alice Weidel, Roland Hartwig, der laut Correctiv-Recherche bei dem Treffen zusagte, die inhaltlichen Pläne des Treffens in die Partei zu tragen. Bisher weist die Partei den Vorwurf von sich, mit rechtsextremem Gedankengut gegen verfassungsmäßige Grundsätze zu verstoßen. In ihrer offiziellen "Erklärung zum deutschen Staatsvolk und zur deutschen Identität" schreiben ihre Bundes- und Landessprecher: "Als Rechtsstaatspartei bekennt sich die AfD vorbehaltslos zum deutschen Staatsvolk als der Summe aller Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen."

Die AfD betonte auf Anfrage, dass es sich nicht um ein Parteitreffen gehandelt habe. "Die AfD wird ihre Haltung zur Einwanderungspolitik (...) nicht wegen einer Einzelmeinung eines Vortragenden auf einem Treffen, das kein AfD-Termin war, abändern", teilte ein Sprecher mit. In ihrem Wahlprogramm 2021 hatte die AfD ebenfalls eine "Remigrationsagenda" erwähnt. Diese bezieht sich aber vor allem auf beschleunigte Abschiebungen und den Abbau sogenannter Duldungen abgelehnter Asylbewerber.

Der Weidel-Mitarbeiter Hartwig habe bei dem Treffen auf Einladung nur ein Social-Media-Projekt vorgestellt, teilte die AfD zudem mit. "Weder hat er dort politische Strategien erarbeitet noch hat er Ideen eines Herrn Sellner zur Migrationspolitik, von dessen Erscheinen er im Vorfeld keine Kenntnis hatte, 'in die Partei getragen'", hieß es weiter.

➤ Mehr lesen: Rechtsextremismus: Anstieg bei Straftaten im 1. Halbjahr 2023

Kommentare