Die Wähler des deutschen Bundeslandes im Osten lassen sich offensichtlich nicht davon abschrecken, dass die AfD in Sachsen mit Fug und Recht als rechtsextrem bezeichnet werden darf: Erstmals hat am Sonntag bei einer deutschen Oberbürgermeisterwahl ein Kandidat der AfD gesiegt. Tim Lochner hatte sich am Sonntag in der 40.000 Einwohner zählenden Stadt Pirna im zweiten Wahlgang mit 38,5 Prozent der Stimmen durchsetzen können. Der 53-jährige Tischler, der früher ein Mitglied der CDU war, ist jetzt parteilos, trat aber für die AfD an.
Zu den großen Ideologen und Hardlinern der AfD gehört Lochner nicht. Für Verschwörungstheorien zeigte er sich hingegen schon anfällig: So schrieb er während der Quarantänevorgaben in der Pandemie auf Facebook: „Aufgewacht in Quarantanamo“ – eine Anspielung auf das US-Gefängnis Guantanamo auf Kuba. Und auch den „großen Volksaustausch“ soll er einst befürchtet haben, wobei Lochner aber klarstellte: Das sei nur eine private Äußerung gewesen und kein politisches Statement. Doch er fügte hinzu: „Wenn wir einen Ausländeranteil in gewissen Stadtteilen haben von 38 Prozent an Grundschulen und Kitas, dann ist das für mich schon ein Austausch der einheimischen Bevölkerung.“
Steilvorlage
In der AfD-Führung ist der Jubel über den ersten Sieg bei einer Oberbürgermeisterwahl groß. Von einem „historischen Tag“ schreibt AfD-Chefin Alice Weidel auf der Plattform X. Und Sachsens AfD-Chef Jörg Urban sieht sich bereits auf der Siegerstraße: „Wir wollen hier in Sachsen gewinnen, wir wollen deutlich gewinnen, wir wollen an die 40 Prozent rankommen. Das ist eine Steilvorlage für unsere Partei für das nächste Jahr“, sagte Urban der Deutschen Presse-Agentur angesprochen auf die Landtagswahlen 2024.
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In Sachsen regiert derzeit noch eine Koalition aus CDU, Grünen und SPD mit Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) an der Spitze. Laut Umfragen steht die AfD in Sachsen aber bereits bei 33 Prozent – gleich viel wie die CDU.
Rückenwind
Mit gehörigem Rückenwind geht die AfD aber nicht nur in Sachsen ins kommende Wahljahr, sondern auch in Thüringen und in Brandenburg. Auch dort steht die AfD bei Umfragewerten von jeweils rund 30 Prozent und dürfte stärkste Partei werden.
Auch für die Europawahl am 9. Juni macht sich die deutsche Rechtspartei große Hoffnungen – viel mehr noch aber für die zeitgleichen Urnengänge bei den Kommunalwahlen in neun deutschen Bundesländern. Angesichts des Umfragehochs vor allem im Osten Deutschlands könnte es zu einem regelrechten Durchmarsch der AfD in den Gemeinde- und Stadträten kommen.
Zwei Mal war die AfD heuer schon auf kommunaler Ebene erfolgreich: In Thüringen gewann sie einen Landkreis und in Sachsen-Anhalt eine Bürgermeisterwahl in einer kleineren Gemeinde. IST
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