Maskenaffäre, Missmanagement und ein Machtwort Merkels
Ein Einzelinterview in der Sendung von Anne Will – dass sich die deutsche Kanzlerin Angela wie am Sonntag ins Fernsehstudio setzt, kommt selten vor. Zuletzt 2018 als der Streit um die Flüchtlingspolitik zwischen CDU und CSU fast die Regierung sprengte. Nun ist wieder Feuer am Dach und Merkel lässt sich befragen. In diesem Fall will sie einiges loswerden. Sie ist unzufrieden über die Pandemie-Politik der Bundesländer – auch jene, die von Parteikollegen geführt werden: Einige würden die beschlossenen Maßnahmen nicht konsequent genug umsetzen, so Merkels Kritik. Sie deutete an, dass der Bund tätig werden könnte, wenn die Länder diese nicht ergreifen sollten.
Ginge es nach der Kanzlerin müsste, wie vereinbart, die "Notbremse" gezogen werden: Also dort, wo der Wert von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche übersteigt, sollten die bisherigen Öffnungen rückgenommen werden, wie zum Beispiel das Einkaufen nach Termin. Doch in manchen Ländern wie Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen, will man diese nicht generell revidieren, sondern zum Beispiel mittels Test-Pflicht den Handel offen lassen, körpernahe Dienstleistungen ermöglichen.
Im Saarland soll nach Ostern gar der Lockdown beendet, auf eine Test-Strategie gesetzt werden, um Gastronomie, Sport- und Kultureinrichtungen zu öffnen, obwohl, wie Merkel sagt, die Infektionszahlen dort nicht stabil seien. "Deshalb ist das nicht der Zeitpunkt, jetzt sowas ins Auge zu fassen." Rüffel gab es auch für NRW-Chef Armin Laschet, dem sie indirekt einen Verstoß gegen die Notbremse vorwarf.
Für den CDU-Chef kommt die Kritik zur Unzeit, sind doch seine Christdemokraten - genauso wie die bayerische Schwesterpartei CSU - mit Maskendeals der eigenen Leute beschäftigt. Zwar hat sich die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD im Bundestag im Eiltempo auf schärfere Transparenzregeln für Abgeordnete geeinigt, doch in Umfragen rutscht die Union weiter ab.
Im aktuellen ZDF-Politbarometer kommt sie derzeit nur noch auf 28 Prozent – ein Minus von sieben Prozentpunkten im Vergleich zum Vormonat. Die Grünen legen dagegen vier Punkte zu und kommen jetzt auf 23 Prozent. Die sinkende Zustimmung ist aber nicht alleine mit dubiosen Geschäften zu erklären. Insgesamt wächst auch die Unzufriedenheit mit dem Pandemiemanagement der Regierung und der Arbeit der Unionsminister wie Jens Spahn (Gesundheit) und Peter Altmaier (Wirtschaft). Sie stehen öffentlich am Pranger, weil es in puncto Impfen und Wirtschaftshilfen kein Vorankommen und Chaos gibt.
Armin Laschet hat die Krise seiner Partei also nicht alleine zu verantworten, doch als Mann, der im Herbst ins Kanzleramt einziehen will, wird erwartet, dass er den Laden in den Griff bekommt. So ähnlich richten es ihm jedenfalls Parteikollegen, wie der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Carsten Linnemann, öffentlich aus: "Wir müssen zeigen, dass die Union Corona-Management kann. Bei der Maskenaffäre müssen wir Klarschiff machen und thematisch müssen wir voll in die Offensive gehen. Da ist Armin Laschet jetzt gefordert", sagte Linnemann der Rheinischen Post.
CDUler werben für Söder
Dem nicht genug, meldeten sich zuletzt via Spiegel ein paar CDUler, die sich für Markus Söder (CSU) als Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl im Herbst aussprechen. Der bayerische Ministerpräsident ist zwar offiziell nicht in den Ring gestiegen, hält Spekulationen um seine Ambitionen aber gerne am Laufen. So wie zuletzt am Freitag, wo er mit Blick auf die sinkenden Umfragen von CDU/CSU (im neuesten Sonntagstrend der "Bild am Sonntag" rurtsche sie auf 25 Prozent. Mitte Januar stand sie noch bei 36 Prozent), warnte: "Die Frage ist nicht, mit wem die Union nach der Wahl regiert, sondern ob sie regiert." CDU und CSU müssten vom "Kamillentee- in den Red-Bull-Modus". Die Union müsse "das Kämpfen wieder lernen".
Solche Sager lassen sich als Machtanspruch interpretieren oder einfach als Mahnung - denn sollte die CDU im Herbst schlecht abschneiden, trifft es auch die CSU hart. Denn die Bayern, deren Markenzeichen es ist, im Bund bayerische Interessen zu vertreten, könnten im schlimmsten Fall auf der Oppositionsbank landen. In Umfragen, wer der geeignete Kanzlerkandidat für die Union sein könnte, liegt Söder dennoch deutlich vor Laschet. Genau deshalb warb der rheinland-pfälzische CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Steiniger gegenüber dem Spiegel für Söder: "Wir müssen mit dem antreten, mit dem wir nach Umfragen die besten Chancen haben, und das ist mit großem Abstand Markus Söder."
Anders als dieser kann Laschet immerhin auf den Rückhalt von einigen Länderchefs verweisen: Die Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg, wo die CDU zuletzt eine historische Wahlschlappe erlitt, bekannten sich bereits zu ihm. "Die Union will nicht jetzt Umfragen gewinnen, sondern im Herbst die Bundestagswahl - dafür ist Armin Laschet als Mann der Mitte mit dem Blick nach vorne genau der Richtige", sagt etwa der stellvertretende CDU-Vorsitzende und Landesverbandschef von Baden-Württemberg Thomas Strobl der Stuttgarter Zeitung.
Die K-Frage wollen CDU und CSU zwischen Ostern und Pfingsten entscheiden, heißt es. Bis dahin wird Armin Laschet noch einiges aushalten müssen. Auf die Kritik der Kanzlerin reagierte er indessen noch am Montag offensiv: "Jeder will, dass die Infektionszahlen runtergehen, und jeder hat für sein Land entsprechende Maßnahmen gemacht", erklärte er nach der Präsidiumssitzung am Montag. Und räumte ein, dass diese Maßnahmen "sehr unterschiedlich" seien, verteidigte aber die Entscheidung, dass es trotzdem möglich sein soll, mit einem negativen Test Terminvereinbarungen mit Geschäften zu treffen.
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