Weber bleibt EVP-Fraktionschef im EU-Parlament

Manfred Weber
Weber war der einzige Kandidat für den Fraktionsvorsitzenden, der für zweieinhalb Jahre gewählt wird.

Der deutsche CSU-Politiker Manfred Weber bleibt Chef der christdemokratischen Fraktion im EU-Parlament. Weber erhielt am Mittwoch in Brüssel 174 von insgesamt 180 Stimmen der Abgeordneten der Europäischen Volkspartei (EVP) - der stärksten Gruppierung in der EU-Volksvertretung - und nur vier Gegenstimmen, wie aus Fraktionskreisen verlautete.

Einziger Kandidat für den Vorsitz

Weber war der einzige Kandidat für den Fraktionsvorsitzenden, der für zweieinhalb Jahre gewählt wird. Am 13. Dezember sollen in der EVP Vorwahlen stattfinden, die darüber entscheiden, wen die Europäische Volkspartei als Kandidaten für den nächsten EU-Parlamentspräsidenten ins Rennen schicken will.

Eine Festlegung des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier als künftiger Bundespräsident macht einen Wechsel des derzeitigen EU-Parlamentschefs, des deutschen Sozialdemokraten Martin Schulz, wahrscheinlicher. Schulz wird als möglicher nächster deutscher Außenminister gehandelt. Als mögliche Kandidaten für den Posten des Parlamentspräsidenten werden mehrere Christdemokraten genannt, darunter auch der österreichische EU-Abgeordnete Othmar Karas (ÖVP), der sich allerdings diesbezüglich noch nicht festgelegt hat. Als Kandidaten gelten der Franzose Alain Lamassoure, die Irin Maired McGuiness und der slowenische Ex-Premier Lojze Peterle.

"Chaos in London wird jeden Tag größer"

Der frisch wiedergewählte EVP-Fraktionschef hat die britische Regierung im Zusammenhang mit dem geplanten EU-Austritt des Landes (Brexit) kritisiert. "Das Chaos in London wird mit jedem Tag größer", sagte Weber.

Die britische Politik der vergangenen Jahre führe zu einem "totalen Vertrauensverlust" bei den Menschen, sagte der CSU-Politiker. "Das zerstört unsere freie und demokratische Ordnung. Wir brauchen mehr Leadership." Das EU-Parlament müsse in den bevorstehenden Brexit-Verhandlungen die Interessen der verbleibenden 27 EU-Staaten verteidigen.

Manfred Weber nennt sich selbst das Sprachrohr der Niederbayern im Europaparlament. Doch ist der 44-jährige CSU-Vize aus der süddeutschen Gemeinde Wildenberg sicher kein Lautsprecher. Im persönlichen Gespräch ist der Diplomingenieur eher nachdenklich, im Parlament in Straßburg oder Brüssel tritt er staatsmännisch auf.

An der Spitze der größten Fraktion, der Europäischen Volkspartei, ist er unangefochten: Die Christdemokraten bestätigten ihn am Mittwoch ohne Gegenkandidaten und mit 97,8 Prozent der Stimmen für die zweite Hälfte der Legislatur. In den Fraktionsvorsitz war Weber 2014 nach der Europawahl aufgestiegen - ein Karrieresprung nach zehn Jahren im Europaparlament. Weber preist gerne die Vorzüge seines Niederbayern, das "deutscher Meister beim Anbau von Essiggurken" sei. Doch mit der europakritischen Strömung seiner Partei hat er wenig zu schaffen.

In Brüssel beschäftigt ihn eher die Weltpolitik. Am Morgen nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten appellierte Weber an Europa, mehr Verantwortung zu übernehmen und "das Feld nicht den Radikalen in aller Welt" zu überlassen. Im Streit über das CETA-Abkommen mit Kanada forderte er die Entscheidungskompetenz für das EU-Parlament. Viel Aufmerksamkeit fand sein Vorschlag, jedem 18-Jährigen ein Interrail-Ticket zu spendieren, damit die jungen Leute die Vorzüge Europas selbst erfahren.

Im Streit über die Nachfolge des Sozialdemokraten Martin Schulz wird Weber auch als künftiger EU-Parlamentspräsident genannt. Noch wiegelt er ab. Das hohe Amt käme zu früh, ließ er durchblicken.

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