Magdalena Andersson wird erste schwedische Ministerpräsidentin
Aktualisierung um 18.08: Nur wenige Stunden nach ihrer Ernennung als Schwedens neue Ministerpräsidentin hat Magdalena Andersson ihren Rücktritt angekündigt. Grund war ein Streit über die Budgetpläne ihrer Minderheitskoalition. Die Opposition hatte diese am Mittwoch im Parlament abgelehnt und stattdessen für einen Etatentwurf von drei Oppositionsparteien gestimmt. Daraufhin kündigten die Grünen ihren Rückzug aus der Regierungskoalition an, woraufhin wiederum Anderssons Rücktrittserklärung folgte.
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117 Abgeordnete haben sich am Mittwoch im schwedischen Parlament für die 54-jährige Sozialdemokratin als neue Regierungschefin ausgesprochen. Magdalena Andersson ist damit die erste weibliche Regierungschefin des nordischen Königreichs. Der bittere Beigeschmack des Siegs: 174 der Abgeordneten stimmten gegen sie (57 enthielten sich der Wahl). Eine Nein-Stimme mehr im 349 Sitze großen Parlament, und ihr Weg ins Amt wäre blockiert gewesen.
Andersson folgt damit auf ihren Parteifreund Stefan Löfven, der Schweden in den vergangenen sieben Jahren mit einer rot-grünen Minderheitsregierung regiert hatte. Es wird damit gerechnet, dass Andersson die neue rot-grüne Regierung am Freitag präsentieren wird.
Andersson gilt als sparsamer Bulldozer, direkt und links, was Sozial- und Wirtschaftspolitik angeht. In der Kriminalitätsbekämpfung und Ausländerpolitik orientiert sie sich an den Rechtspopulisten. Als Jugendliche war sie im Leistungssport erfolgreich, holte drei Goldmedaillen im Brustschwimmen bei den nationalen Junioren. Zuletzt war sie als Finanzministerin tätig.
Löfven hatte im August angekündigt, sich erst als Partei- und dann auch als Regierungschef zurückzuziehen. Anfang November hatte der 64-Jährige zunächst den Parteivorsitz an Andersson weitergereicht, ehe er vor zwei Wochen auch seinen Rücktritt als Ministerpräsident bei Parlamentspräsident Andreas Norlén eingereicht hatte.
Gespaltenes Schweden
Mit seinem Rückzug will Löfven seiner Nachfolgerin die Gelegenheit geben, sich vor der nächsten Parlamentswahl in Schweden im Spätsommer 2022 besser positionieren zu können. Andersson erbt von ihm allerdings auch mehrere Probleme: Zum einen ist die Corona-Pandemie, in der Schweden einen Sonderweg mit vergleichsweise lockereren Maßnahmen gewählt hatte, auch im hohen Norden der EU bei Weitem noch nicht durchgestanden. Zum anderen ringt das skandinavische Land seit längerem mit einer grassierenden Bandenkriminalität.
Die Mehrheitsverhältnisse im schwedischen Reichstag sind zudem seit dem Erstarken der rechtspopulistischen Schwedendemokraten äußerst brüchig: Rot-Grün hat gemeinsam nur 116 der 349 Parlamentssitze inne, die Opposition hätte Andersson also mit deutlicher Mehrheit den Weg versperren können. Die Zentrumspartei und die Linken, die im Sommer auch Löfven bei einer solchen Abstimmung durchgewunken hatten, enthielten sich jedoch. Damit wurde Andersson knapp bestätigt.
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