Bandenkriminalität in Schweden ufert aus

Bandenkriminalität in Schweden ufert aus
Die „humanitäre Großmacht“ Schweden hat die Realität lange nicht wahrhaben wollen.

Ein 15-Jähriger wird vorletztes Wochenende erschossen, eine junge Ärztin wird am helllichten Tag von Attentätern mit Schusswaffen niedergestreckt, während sie ihr Baby in den Händen hält. Beide Verbrechen geschahen im schwedischen Malmö, dem aktuellen Hotspot der Bandengewalt, in der auch viele der landesweit 173 Sprengstoffattentate dieses Jahres verübt wurden.

Ein Misstrauensantrag der rechten Schwedendemokraten (SD), unterstützt durch zwei bürgerliche Parteien gegen den Justizminister Morgan Johansson, wurde am Freitag im Parlament abgewiesen. Vorgeworfen wurde dem Sozialdemokraten von Schwedens Rechtsaußen, SD-Chef Jimmie Akesson, Versagen bei der Bekämpfung der Bandenkriminalität.

Das knappe Abstimmungsergebnis zeigt, wie fragil die Regierung derzeit dasteht. Denn die Gewalt der Banden, die von Einwanderern dominiert sind, ist seit langem Thema Nummer eins in Schweden. In einer am Freitag von Aftonbladet veröffentlichten Umfrage führen die Rechten erstmals mit 24 Prozent. Die Sozialdemokraten stürzten auf 22 Prozent ab. Akesson fühlt sich bestätigt.

„Die ganzen Jahre über haben wir konsequent über Bandenkriminalität und die eskalierende Unsicherheit gesprochen“, sagt der selbstbewusste Jimmie Akesson.

Die Bombenanschläge dienen wohl der Einschüchterung anderer Gangs und kosten meistens keine Menschenleben, doch sie erzeugen ein Gefühl von großer Unsicherheit im Königreich. Und die Gewalt verlagert sich zunehmend von den Brennpunkten in den Großstädten in die Provinz.

In Radio- und TV-Sendungen kommen immer mehr Personen zu Wort, die durch das Erleben von Schießereien und Bombendetonationen psychisch oder physisch geschädigt worden sind. Seit 2013 gibt es bei der Polizei den „Nationalen Bombenschutz“, der jetzt auf rund 80 Mitarbeiter angewachsen ist. Anfang dieser Woche hat die schwedische Polizei mit der „Operation Raureif“ ihren eigenen Ausnahmezustand erklärt, um auf ihre Notsituation hinzuweisen.

Drogenkriege

Die meisten Banden leben vom Drogenhandel und bekämpfen einander. Viele Mitglieder haben Migrationshintergrund, auch Flüchtlinge wurden rekrutiert.

Die Regierung Löfven wird für die Aufnahme von 163.000 Asylsuchenden im Flüchtlingsjahr 2015 verantwortlich gemacht. Grüne wie Sozialdemokraten standen für eine großzügige Einwanderungspolitik und prägten das Schlagwort von der „humanitären Großmacht Schweden“.

Heute hört sich Löfven anders an: „Wir verschärfen die Strafen; wir haben schon 50 Strafverschärfungen initiiert. Wir sind bereit, dies zu erweitern“, erklärte der Sozialdemokrat nach dem jüngsten Mordfall in Malmö.

Die rot-grüne Minderheitsregierung hat Ende September einen 34-Punkte-Plan zur Bekämpfung der Bandenkriminalität veröffentlicht, vorgesehen sind dort neben Strafverschärfungen und sozialen Maßnahmen auch erweiterte Datenbefugnisse für die Polizei. 10.000 neue Polizeistellen sind bis 2024 versprochen.

Die Maßnahmen wurden auch mit der Linkspartei und den vier bürgerlichen Parteien besprochen, jedoch nicht mit den rechten Schwedendemokraten, die nationalistische Wurzeln haben und sich ungeniert rassistisch geben. Sie galten lange Zeit als nicht konsensfähig.

Tino Sanadaji, kurdischstämmiger Migrationstheoretiker und Ökonom, erklärt es so: „Es gab zwei Seiten einer sehr emotionalen Debatte – die Schwedendemokraten und die politisch-korrekten Realitätsverweigerer.“

Doch seit einiger Zeit wird über die Probleme der Migration weit offener diskutiert. Nun haben die beiden bürgerlichen Parteien, die „Moderaten“ und die „Christdemokraten“, erstmals einen Misstrauensantrag der Schwedendemokraten unterstützt. Auch im Parlamentsausschuss für Migration, der in der vergangenen Woche erstmals tagte, sind die Schwedendemokraten nun repräsentiert.

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