Macrons Mehrheit im Parlament zerbröselt

Macrons Mehrheit im Parlament zerbröselt
Abgeordnete gehen: Die Partei des Präsidenten verliert ihre Parlamentsmehrheit.

Die Partei von Emmanuel Macron „La République en Marche“ (Die Republik in Bewegung), kurz: LREM, hat soeben ihre absolute Mehrheit in der Nationalversammlung, dem Unterhaus des französischen Parlaments, verloren. 17 vormalige LREM-Abgeordnete haben eine neue linksökologische Fraktion gebildet. Macrons Partei hat damit nur noch 288 Stimmen in der Volksvertretung. Für eine Mehrheit sind 289 Sitze nötig.

Die von Macron ernannte Regierung hat dadurch aber noch nicht ihre Handlungsfähigkeit eingebüßt, weil die LREM weiterhin mit der relativ sicheren Unterstützung von zwei Zentrumsparteien rechnen kann. Außerdem versteht sich die abgespaltene Fraktion („Ökologie, Demokratie, Solidarität“) nicht als regelrechte Oppositionskraft, sondern bewahrt eine kritische Nähe zum Regierungslager.

Aber für den Präsidenten, der gerade den dritten Jahrestag seines Wahlsiegs beging, handelt es sich um ein weiteres Zeichen für das Zerbröseln seiner Partei. Schon zuvor waren Parlamentarier abgesprungen, die der LREM „Kasernenhof-Disziplin“ und Macron einen allzu wirtschaftsliberalen Kurs vorwarfen. Darüber hinaus mehren sich die Stimmen im Regierungslager, die eine soziale Wende und namentlich die Wiedereinführung der Vermögenssteuer fordern.

Umfragetief

Noch fataler ist die Stimmung in der Bevölkerung: laut Umfragen vertraut nicht einmal ein Drittel der Franzosen ihrer Staatsführung angesichts der Corona-Krise. Das mag ungerecht sein, wenn man bedenkt, dass beispielsweise der britische Premier Boris Johnson, trotz seines viel unseriöseren Kurses, auf über 60 Prozent Zustimmung kommt.

Aber in Frankreich waren schon zuvor Macrons Spar-Reformen auf sehr breite Ablehnung gestoßen, die der Staatschef durch ungeschickte Sprüche noch aufgeheizt hatte.

Dazu kamen inzwischen plumpe Vertuschungsversuche angesichts der Schwächen des Gesundheitssystems, etwa dem Mangel an Intensivbetten, Schutzausrüstung und Tests. Macron hat zwar zuletzt bei einem Spitalsbesuch beteuert, er werde „mit dieser Verarmung der Spitäler Schluss machen.“ Aber er erntete nur Proteste. Eine Krankenschwester antwortete: „Wir glauben ihnen nicht mehr.“

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