Macron buhlte bei Ungarn-Besuch um die Gunst Orbáns

Macron buhlte bei Ungarn-Besuch um die Gunst Orbáns
Macron überlegt ein Entgegenkommen der EU in der Migrationspolitik und will Orbán nicht kampflos der rechten Konkurrenz überlassen.

Für das Treffen mit dem französischen Präsidenten am Montagabend hat der EU-kritische ungarische Ministerpräsident den Saal sogar mit der Europa-Fahne neben den Nationalfahnen beflaggen lassen. "Es war höchste Zeit, dass Sie uns in Budapest besuchen kommen", begrüßte Viktor Orbán den Gast.

Die ungarische Hauptstadt war die letzte Etappe der "Europa-Tournee", die Emmanuel Macron seit 2017 in alle 26 EU-Partnerländer geführt hat. Zugleich war der Besuch eine Einladung Macrons für mehr Zusammenhalt zwischen Ungarn und der EU: Frankreich hat ab Jänner ein halbes Jahr lang den EU-Ratsvorsitz inne.

Schlepper-Drama überschattet Besuch

Bewusst stellte man das Gemeinsame – den Ausbau der EU-Verteidigungskapazitäten und die Anerkennung von Kernkraft als "grüne" Energiequelle – vor das Trennende: Rechte für Homosexuelle, Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit. Macron duzte Orbán, gab an, in der Migrationspolitik auf Ungarn zugehen und die Position der EU überdenken zu wollen: Grund dafür sei das Flüchtlingsdrama an der polnisch-belarussischen Grenze, "das uns dazu bringt, an eine Neuorganisation zu denken, um den Migrationszuflüssen vorzubeugen", sagte Macron.

Macron buhlte bei Ungarn-Besuch um die Gunst Orbáns

Macron ist bemüht um Tschechien (Premierminister Andrej Babis), Ungarn (Viktor Orbán) und Polen (Mateusz Morawiecki)

Trauriger Zufall: Fast zeitgleich kamen an der serbisch-ungarischen Grenze sieben Flüchtlinge ums Leben. Die Menschen waren in einem Auto mit einem Schlepper unterwegs gewesen, auf der Flucht vor der Polizei kam es zu einem Unfall. Drei weitere Flüchtlinge und der Lenker des Wagens wurden verletzt. Woher die Menschen kamen, ist unbekannt, sie hatten keine Dokumente bei sich.

Beim anschließenden Treffen mit den Regierungschefs der anderen drei Visegrád-Staaten Polen, Tschechien und der Slowakei blieb Macron jedoch nichts anders übrig, als härtere Töne anzuschlagen. Er betonte die Unnachgiebigkeit der EU im Rechtsstaatlichkeitsstreit mit Ungarn: Solange es keine konkreten Fortschritte vonseiten Ungarns gebe, gebe es auch keine Zahlungen aus dem Corona-Wiederaufbaufonds.

Kritik am "Kuschelkurs"

In Paris hagelte es bereits vor der Reise Kritik an Macrons Besuch in Budapest: Der grüne Präsidentschaftskandidat Yannick Jadot beklagte, Macrons Reise folge auf den Besuch Marine Le Pens und Eric Zemmours bei Orbán. Es fehle an der nötigen Distanz zu Ungarn und wäre besser, Orbán in Paris zu empfangen, nicht umgekehrt. Le Pen war erst Ende Oktober von Orbán empfangen worden – inklusive rotem Teppich und gemeinsamem Mittagessen. Die Europaflagge wurde damals übrigens nicht gehisst.

Doch Macron will seinen Konkurrenten die Gunst Orbáns nicht kampflos überlassen und sich alle Optionen offen halten. Und da nicht nur in Frankreich, sondern auch in Ungarn 2022 gewählt wird und die Opposition in Umfragen derzeit gleichauf mit der regierenden Fidesz-Partei liegt, stand auch ein Treffen mit dem Oppositionskandidaten Péter Márki-Zay an.

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