Lukaschenko pöbelt in BBC-Interview und erkennt Krim als russisch an
"Wenn Sie nicht zuhören, ist diese Konversation vorbei. Wollen Sie das?"
BBC-Interviewer Steve Rosenberg treibt Belarus‘ Machthaber Alexander Lukaschenko in einem kürzlich erschienenen Interview zur Weißglut: Fast eineinhalb Stunden dauert das ganze Gespräch, handelt von den Flüchtlingen an der polnisch-belarussischen Grenze über Menschenrechtsverletzungen und die Vertreibung von NGOs aus Belarus. Die Themen scheinen Lukaschenko nicht zu liegen, der Diktator wird im Laufe des Gesprächs immer lauter und angespannter, widerspricht sich und fällt Rosenberg ins Wort.
Lukaschenko behautet, 80 Prozent der Wahlberechtigten hätten bei der letzten Wahl 2020 für ihn gestimmt. "Wie kann es dann sein, dass so viele Menschen auf den Straßen gegen Sie protestierten? Können Sie mir das erklären?“, fragt Rosenberg.
"Das macht keinen Sinn in Ihrem Kopf", erwidert Lukaschenko. Menschen hätten schon immer demonstriert in Belarus – "wir sind ein demokratisches Land" – doch diesmal hätte der Westen die Menschen unterstützt: Großbritannien, die USA und Deutschland hätten, so Lukaschenko, Menschen eingeschleust und die Proteste finanziert.
Lukaschenko leugnet nicht, gewalttätig gegen die (friedlichen) Protestierenden vorgegangen zu sein. "Auch Polizisten seien geschlagen worden", behauptet er. Videos davon zeige der Westen natürlich keine, nur welche von der Misshandlung der Protestierenden.
Verfolgt vom Westen
Seit Juli wurden 270 NGOs aus dem Land geworfen, beginnt Rosenberg seine nächste Frage. Lukaschenko lässt den Interviewer nicht ausreden: "Sparen Sie sich den Atemzug. Ihr seid böse auf uns, weil wir eure kleinen Strukturen zerstören.“ Man habe nur jene NGOs aus dem Land geworfen, die das Land zerstören wollten.
"Unter anderem jene für Tierschutz und behinderte Menschen?", fragt Rosenberg. Lukaschenko erklärt ihm seine Auffassung der Wirklichkeit: Das seien nur Vorwände gewesen, antwortet Lukaschenko, die Organisationen hätten in Wirklichkeit die Gelder für Revolution und Unsicherheit genutzt.
873 politische Oppositionelle sitzen derzeit als politische Gefangene in Belarus in Haft. Lukaschenko streitet das ab: "Das sind keine politischen Gefangene, so etwas haben wir nicht. Das sind Spione aus dem Westen. Sie brachen das Gesetz, deswegen sind sie eingesperrt."
"Krim ein Teil Russlands"
Lukaschenko beendet das Gespräch mit den Worten: "Ich bin keine rachsüchtige Person. Ich habe immer Frauen respektiert."
Rosenbergs Conclusio: „Wenn ein Machthaber sagt, er sei nicht rachsüchtig, aber im nächsten Satz hinzufügt, er werde jenen vom Westen finanzierten Abschaum massakrieren, kann man nicht anders als daran zu zweifeln."
Im Netz sorgt das Video bei den einen für Spott, bei den anderen für Angst vor weiteren Eskalationen in naher Zukunft.
In einem Interview der russischen Staatsagentur RIA Nowosti, das in Ausschnitten am Mittwoch veröffentlicht wurde, hat Lukaschenko erstmals die ukrainische und vom Kreml annektierte Krim als Teil von Russland anerkannt und einen Besuch auf der Halbinsel angekündigt. Der Schritt gilt als Loyalitätsbeweis Lukaschenkos für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, bei dem er mit Milliardenbeträgen verschuldet ist. Weltweit erkennt nur eine Handvoll Länder die Krim als russisch an, darunter Nicaragua und Venezuela.
Zum jüngsten Aufmarsch russischer Truppen an der ukrainischen Grenze hat der dem Kreml-nahestehende Diktator ebenfalls eine Meinung: "Sollte die NATO nukleare Waffen in Polen stationieren, werden wir unser Territorium Russland dafür anbieten", so der Machthaber. Der Aufmarsch lässt derzeit die Alarmglocken von der Ukraine über die NATO-Planungszentren bis nach Washington schrillen.
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