Lukaschenko in China: Putins Vasall fühlt in Peking vor
Es sei dringend notwendig, „den Dialog mit allen Seiten offen zu halten“, hatte die chinesische Regierung erst vor vier Tagen in ihrem Positionspapier zum Krieg in der Ukraine unterstrichen. Während der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij seither darüber klagt, dass ein Gesprächsangebot an Chinas Machthaber Xi Jinping unbeantwortet blieb (Chinas Präsident sprach seit Kriegsbeginn nicht mit ihm direkt), traf mit dem belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko am Dienstag der engste Verbündete Russlands in Peking ein.
Seit die russische Armee vor einem Jahr auch von Belarus aus in die Ukraine einmarschierte, ist das Land genauso umfassend von westlichen Sanktionen betroffen wie sein großer Nachbar und engster Verbündeter Russland. Qin Gang, seit 1. Jänner neuer chinesischer Außenminister, erklärte im Voraus offen, man wolle bei dem Treffen gemeinsam Wege erörtern, die „illegalen“ Sanktionen zu überwinden.
Lukaschenko will daher bis zu seiner Abreise am Donnerstag auch mit chinesischen Konzernchefs sprechen, wie man die gemeinsamen Beziehungen „in unterschiedlichen Sphären“ voranbringen kann.
Besuch zeigt, wo Chinas Sympathien liegen
Bilder vom Empfang Lukaschenkos in Peking gab es am Dienstag keine. Ähnlich wie der Kreml in Moskau ist Zhongnanhai, das Machtzentrum Chinas, eine hermetisch abgeriegelte Festung aus der Zeit vergangener Monarchien. Wenn es die chinesische Führung nicht will, wird die Öffentlichkeit nie erfahren, wer in diesen Tagen hinter den jahrhundertealten Steinmauern des einstigen kaiserlichen Gartens mit Lukaschenko spricht.
Dass Xi den geopolitisch kleinen Fisch Lukaschenko gerade jetzt empfängt, gilt für die USA als weiterer Beweis dafür, dass China, anders als behauptet, nicht neutral ist. Erst vergangene Woche betonten Offizielle in Washington wiederholt, dass die Regierung in Peking trotz ihrer vorgeblichen Vermittlerrolle nach Wegen suche, Russland mit Waffen zu versorgen.
Chinesische Konzerne beliefern das russische Verteidigungsministerium seit Kriegsbeginn regelmäßig mit so genannten Dual-Use-Produkten: Kommerzielle Waren, die für den Einsatz im Krieg zweitverwertet werden können; etwa zivile Drohnen, Elektronikchips oder Flugzeug-Bauteile. Eine Umgehung der westlichen Sanktionen, die man in den USA bisher zähneknirschend zur Kenntnis nahm.
USA vermuten baldige Waffenlieferungen
Wie der Spiegel kürzlich berichtete, dürfte aber mindestens ein chinesisches Unternehmen inzwischen direkt mit der russischen Regierung über die Lieferung von militärischen Kamikaze-Drohnen verhandeln. 100 solcher Drohnen vom Typ ZT-180 sollen laut dem Plan bis April unter falschen Produktangaben über die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) nach Moskau geliefert werden. Anschließend wolle der Konzern in Russland eine Drohnen-Fabrik errichten.
Die US-Regierung versucht seit einer Woche mit vielfachen Warnungen – ausgesprochen unter anderem vom Außenminister Anthony Blinken, dem nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan oder CIA-Chef William Burns – China mögliche Konsequenzen von Waffenlieferungen aufzuzeigen. Trotzdem sei der Plan „unseren Informationen zufolge noch nicht vom Tisch“, so Sullivan am Sonntag.
Dass Lukaschenko nun ganze drei Tage in der chinesischen Hauptstadt bleibt, genau wie Chinas Chefdiplomat Wang Yi zuletzt in Moskau, sehen die USA als Indiz dafür, dass die drei Nationen hinter den Kulissen nach weiteren Wegen suchen, die westlichen Sanktionen zu umgehen.
Lukaschenko unter Druck
In Peking werden die Vorwürfe schlicht als „Schmutzkübelkampagne“ der USA abgetan, um Chinas Vermittlungsversuche für einen Frieden in der Ukraine zu beschädigen. Mit derselben Begründung lächelte man in Russland und Belarus zuletzt Berichte aus den USA weg, der Kreml plane bis 2030 die Übernahme seines kleineren Nachbarn.
Doch der Druck aus Moskau ist auf Lukaschenko groß, Pläne über einen gemeinsamen Unionsstaat liegen seit Jahren bereit, im Kreml pocht man immer wieder darauf. Es ist also nicht nur für Lukaschenkos persönliche Zukunft essenziell, neben Russland noch einen weiteren Staat als Partner zu haben. China bleibt die einzige Option. Über eine rein strategische Partnerschaft wird Chinas Verhältnis zu Belarus – aus dem man fast nur Dünger importiert – aber wohl nicht hinausgehen.
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