Die PKK kämpft seit 1984 mit Waffengewalt für die Rechte der kurdischen Minderheit. Die in der Türkei, Iran, Irak und Syrien lebenden 30 - 45 Millionen Kurden gelten als größtes Volk ohne Nationalstaat. In der Türkei sieht man Öcalan als Terroristenführer.
Von Athen nach Kenia
„Der Staat hat Wort gehalten und Öcalan zur Strecke gebracht“, sagte 1999 der türkische Ministerpräsident Bülent Ecevit. Öcalan war auf Suche nach Asyl fast ein halbes Jahr durch Europa gereist. Doch weder Griechenland noch Russland wollten ihn aufnehmen. Vor 25 Jahren endete seine Odyssee. Eine Falle des türkischen Geheimdienstes schnappt im afrikanischen Kenia zu.
Für viele Kurden war die Verhaftung ein Schock. „Öcalan wurde weinerlich und unterwürfig vor der türkischen Flagge vorgeführt. Es waren erniedrigenden Bilder, auf die man mit Wut und Verzweiflung reagierte“, erzählt Kurdistan-Experte Thomas Schmidinger von der Universität Wien. Spontane Massenproteste in der Türkei und Europa folgten.
Die Demos eskalierten: In mehreren Hauptstädten darunter auch in Wien stürmten Protestierende Botschaften. „Die Wut richtete sich nicht gegen Österreich“, sagt Redar Han, Sprecher des kurdischen Verein FEYKOM und Mitorganisator der diesjährigen Proteste. „Wir Kurden waren enttäuscht, dass die europäischen Staaten anstatt im Konflikt zu vermitteln, Partei ergriffen und bei der Verschleppung Öcalans mitwirkten.“
Bei dem Versuch in Israels Botschaft in Berlin einzudringen, wurden zwei Kurden erschossen. In Wien hielt man den griechischen Botschafter fest und stürmte das SPÖ-Büro. „Die Kurden sahen die Sozialdemokratie immer als Verbündeten. Das war ein verzweifelter Versuch die SPÖ zu drängen, sich für Öcalan einzusetzen“, so Schmidinger.
„Die PKK hat sich nach der Verhaftung Öcalans neu erfunden“, erzählt der Kurdistan-Experte. Öcalan blieb trotz Haft Ehrenvorsitzender der Partei, jedoch Andere, darunter das PKK-Urgestein Cemil Bayik, übernahmen das Ruder. „Öcalan blieb aber ideologisch wichtig und bestimmte den Kurs der Partei aus dem Gefängnis weiter mit“, sagt Schmidinger. So war Öcalan federführend, dass die PKK sich von ihrem alten Ziel einen kurdischen Staat zu errichten verabschiedete und stattdessen bis heute nur noch weitreichende Autonomie fordert.
Österreichs Kurden
Auch unter den über 100 000 in Österreich lebenden Kurden hat Öcalan seine Fans, erklärt Schmidinger: „Die meisten Kurden bei uns kommen aus der Türkei – davon sind sicher die Hälfte mehr oder weniger auf der Seite der PKK.“ Die PKK ist in der EU und Türkei als Terrororganisation eingestuft. Jedoch werden pro-PKK Demos in Österreich toleriert.
Einzig allein die Flagge der PKK – ein roter Stern in einem grünen Kreis – ist verboten.
Die PKK greift nach eigener Darstellung fast ausschließlich militärische Ziele an. Dabei sterben aber auch immer wieder Zivilisten. In der Schweiz stand die PKK noch nie auf einer Terrorliste. Belgiens Oberster Gerichtshof stuft die PKK nicht als Terrororganisation, sondern als „Konfliktpartei“ ein. Andere EU-Länder, wie Deutschland, verhaften immer wieder PKK-Aktivisten.
Kurden wollen Verhandlungen
PKK-Unterstützer erhoffen sich bei Beendigung von Öcalans Isolationshaft eine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen mit der Türkei, sagt Hozan: „Eine Freilassung Öcalans könnte zu einem Dialog mit der Türkei führen.“
Der PKK-Führer hatte bereits 2013 – 2015 einen brüchigen Waffenstillstand mit der Türkei ausgehandelt. „Aktuell gibt es keine Perspektive den Kurdistan-Konflikt zu beenden. Die einzige Lösungsmöglichkeit wäre es mit Öcalan zu verhandeln“, sagt FEYKOM-Sprecher Han.
Türkei und PKK kämpfen seit mehreren Jahren in den Kandil-Bergen im Irak, auch das von einer Schwesterpartei der PKK mitregierte Nordostsyrien ist Ziel von türkischen Bombenangriffen. „Gerade die neue Drohnen-Technologie trifft die Volksverteidigungseinheiten, die Miliz der PKK, in Kandil hart“, sagt Schmidinger. Die PKK gilt als geschwächt, aber längst nicht als besiegt, so der Experte: „Die Arbeiterpartei hat nach wie vor eine Massenbasis innerhalb der Türkei. Es geht ihr nicht um einen militärischen Sieg, sondern einfach darum den Druck aufrechtzuerhalten.“
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