Streit um Ausweise
Konkreter Anlass für die jüngste Krise: Der Kosovo wollte ab Montag an den Grenzübergängen keine serbischen Personaldokumente mehr anerkennen. Eine Praxis, die Serbien bei Kosovaren schon längst eingeführt hat. Alle Personen, die mit einem serbischen Personalausweis die Staatsgrenze überschreiten wollten, hätten Formulare ausfüllen und um neue Dokumente ansuchen müssen.
Von da an überschlugen sich die Ereignisse in den überwiegend von Serben bewohnten Gebieten im Norden des Kosovo. Militante Serben errichteten Barrikaden, schossen auf kosovarische Polizisten. In den sozialen Medien kursierten bereits Gerüchte über einen Einmarsch der serbischen Armee.
Schließlich lenkte die kosovarische Regierung ein und setzte die geplanten Maßnahmen vorerst einmal für 30 Tage aus. Eine mehr als provisorische Lösung für ein sehr tief sitzendes Problem, wie auch Inzko deutlich macht: "Serbien wird die Unabhängigkeit des Kosovo nie anerkennen."
Irgendwie aber müsse man diese Hürde auf dem Weg Serbiens in die EU überwinden. Denn der, so Inzko, sei unumkehrbar: "Die EU muss kreativere Ansätze bei der Annäherung Serbiens, aber auch der anderen Länder der Region finden. Wenn das einst bei Zypern oder der DDR möglich war, sollte es auch hier möglich sein."
"Unser Innenhof"
Das Problem aber sieht Inzko auch innerhalb der EU. Die sei ja bei der Anerkennung des Kosovo bis heute gespalten. Immer noch hätten Staaten wie Spanien, oder die Slowakei den Kosovo nicht anerkannt. Endlos aber ließen sich die Konflikte und Probleme des Balkan nicht auf die lange Bank schieben: "Europa muss sich endlich mehr engagieren. Wir müssen dieses Gebiet als Innenhof betrachten. Das sind unsere eigenen Probleme, für die wir auch unsere eigenen Lösungen brauchen. Die Sicherheit Europas beginnt eben auf dem Balkan."
"Teil der EU"
Inzko hat selbst viel zu oft erleben müssen, wie wenig Aufmerksamkeit Europa den Balkan-Krisenregionen oft schenkt. Während einst in Bosnien Soldaten aus Chile noch immer für Sicherheit gesorgt hätten, habe Deutschland damals seine Friedenstruppen bereits abgezogen gehabt.
Ob früher oder später, Inzko sieht für die Region nur eine langfristige Perspektive: Der gesamte Balkan als Teil der EU. Dann nämlich, erlaubt sich der erfahrene Diplomat, ein bisschen Humor, könnten alle Balkanländer ihren Nationalismus gefahrlos ausleben: "Dann können die von ihrem Großalbanien, Großserbien, Großkroatien träumen – und niemand muss dafür noch eine Grenze auch nur um einen Millimeter verschieben."
Kommentare