Der Balkan ist bis heute Europas Exerzierplatz für Nationalismus. Hier, wo vor 25 Jahren Rassismus und Nationalismus noch in Massenmord, Krieg und Vertreibung mündeten, sind die Risse, die der Nationalismus aufreißt, gleich einmal grabentief. Hier haben – verlässlich unterstützt vom großen slawischen Onkel Russland – allerorten jene das Sagen, die auf dieser nationalistischen Klaviatur zu spielen verstehen. Das hat manchmal tragikomisches Format, wenn Bulgarien seinen Nachbarn Nordmazedonien auf dem Weg in die EU blockieren möchte, einfach weil man dessen Bevölkerung ohnehin für Bulgaren hält. Das birgt aber, wie im Fall des Kosovo oder des bis heute funktionsuntüchtigen Staatsgebildes Bosnien-Herzegowina, Sprengstoff für die gesamte Region.
Europa versucht seit Jahrzehnten diesen Sprengstoff irgendwie unter Kontrolle zu bringen, durch Militärpräsenz, dicke politische Regelwerke, Milliarden an Förderungen. Doch solange diese Region sozial, wirtschaftlich und politisch am Rande Europas und außerhalb der EU verharrt, kann dieser Sprengstoff immer in die falschen Hände geraten – mit möglicherweise katastrophalen Folgen.
Politiker im ach so friedlichen Rest Europas täten gut daran, sich diese nationalistischen Hexentänze gut anzusehen. Auch wenn in Regionen wie Nordirland, Katalonien oder im Norden Rumäniens die Minderheitenkonflikte derzeit unter Kontrolle scheinen, braucht es tatsächlich nur eine markante Verschärfung der überall längst köchelnden sozialen Krisen, um die Wut hochkochen zu lassen.
Und wenn diese Wut dann ein Motiv sucht, dann ist der Nationalismus schnell zur Hand. Der Herr, der vor wenigen Tagen vor der ungarischen Minderheit in Rumänien wieder einmal eine Brandrede hielt und dabei rasant in Richtung Rassismus entgleiste, war übrigens ein EU-Regierungschef – und der hantiert bekanntlich gerne mit angeblichen Benachteiligungen seiner Landsleute.
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