Kollektivierungs-Thesen: Jusos-Chef Kühnert legt nach

Kollektivierungs-Thesen: Jusos-Chef Kühnert legt nach
Auch in Österreich entspann sich eine Debatte rund um den Vorstoß des deutschen Jungsozialisten-Chefs.

Kevin Kühnert – bis vor wenigen Tagen war dieser Name in Österreich kaum jemandem ein Begriff. Doch dann sorgte der deutschen Jungsozialisten-Chef mit seiner Forderung nach einer Kollektivierung von Großunternehmen für Aufsehen. Eine Debatte rund um die Sinnhaftigkeit von Verstaatlichung entspann sich.

Im Spiegel präzisiert Kühnert nun seinen Standpunkt: „Ich habe das sehr ernst gemeint, was ich formuliert habe.“ Der Kapitalismus sei „in viel zu viele Lebensbereiche vorgedrungen: So können wir auf keinen Fall weitermachen“.

Enge Grenzen

Im Hinblick auf die heftige Kritik, die seine Äußerungen ausgelöst hatten, merkte er an: „Die empörten Reaktionen zeigen doch, wie eng mittlerweile die Grenzen des Vorstellbaren geworden sind. (…) Da haben 25 Jahre neoliberaler Beschallung ganz klar ihre Spuren hinterlassen.“

Auch der Vorwurf, er habe so kurz vor den bevorstehenden EU-Wahlen den falschen Zeitpunkt für seinen Vorstoß gewählt, lässt den 25-Jährigen kalt. Wenn man ernsthaft einen anderen Politikstil wolle, "dann können wir uns nicht immer auf die Zunge beißen, wenn es um die wirklich großen Fragen geht". Er habe keine Lust darauf, wesentliche Fragen immer nur dann zu diskutieren, „wenn gerade Friedenszeiten sind, und im Wahlkampf drum herumreden.“

Mit dieser scharfen Ansage reagiert Kühnert nicht nur auf die Kritik aus CDU, CSU und FDP, sondern auch auf jene Stimmen innerhalb der SPD, die die Thesen des Jusos-Chefs für „Unfug“ halten.

Debatte auch in Österreich

Kühnerts Forderungen haben aber nicht nur in Deutschland Diskussionen ausgelöst. Auch in Österreich hat man das Thema bereitwillig für den EU-Wahlkampf aufgegriffen. Angesprochen auf Kühnerts Vorstellung gab sich Julia Herr, EU-Kandidatin der SPÖ und Chefin der Sozialistischen Jugend (SJ), in einem KURIER-Interview zurückhaltend, aber grundsätzlich einverstanden: „Ich glaube, das ist eine Forderung, die langfristig ist. Wir werden nicht von heute auf morgen alles verstaatlichen. Es geht grundsätzlich darum, dass wir derzeit in einem Wirtschaftssystem leben, das nicht demokratisch funktioniert. Es arbeiten ganz viele Menschen gemeinsam daran, dass man Wertschöpfung und Gewinne erzielt. Nur diese werden dann nicht auf alle verteilt, sondern die Gewinne landen in den Händen einiger weniger“, sagte sie.

Darauf wiederum reagierte der Europaabgeordnete Othmar Karas (ÖVP) indem er nun von SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder eine Klarstellung verlangt. "Ich fordere eine Distanzierung der SPÖ von Frau Herrs Forderungen zur ‚langfristigen‘ Verstaatlichung von privaten Firmen. Ein großer Teil Europas kämpft immer noch mit den Folgen kommunistischer Staatswirtschaft. Herrs Äußerungen sind eine Missachtung der historischen Erfahrung einer ganzen Hälfte unseres Kontinents", teilte Karas mit. Außerdem zeigte er sich irritiert über Herrs Äußerungen zur parlamentarischen Demokratie. "Wer Parlamente in Frage stellt, ist in schlechter Gesellschaft. Das haben bisher nur die FPÖ und ihre deutsche Schwesterpartei AfD gemacht. Hier zeigt sich, wie nah Linksextremisten und Rechtsextremisten beieinander liegen."

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