Kirchenreform: Spannung vor Vollversammlung des "Synodalen Weges"

Kirchenreform: Spannung vor Vollversammlung des "Synodalen Weges"
Proponenten sehen entscheidende Phase, Kritiker warnen vor überzogenen Erwartungen und Spaltung.

Wird der "Synodale Weg" der Katholischen Kirche in Deutschland erstmals konkrete Beschlüsse zu kirchlichen Reformen fassen? Diese Frage steht vor der am Donnerstagnachmittag in Frankfurt beginnenden dritten Vollversammlung der von Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) verantworteten Initiative im Raum.

Die dritte Synodalversammlung tagt von Donnerstag bis Samstag in Frankfurt/Main. Zum Auftakt planen Frauenverbände und Reformgruppen, dem Präsidium des Synodalen Wegs einen Offenen Brief zu überreichen. Damit wollen sie die Synodalen laut eigenem Bekunden unterstützen und den Beratungen "neue Schubkraft" verleihen.

"Jetzt ist der Zeitpunkt, Farbe zu bekennen", schrieben die Theologen Julia Knoop, Bernhard Emunds, Matthias Sellmann und der an der Universität Salzburg lehrende Gregor-Maria Hoff in einem Gastbeitrag für die Zeit-Beilage Christ & Welt. Es brauche "effektive Machtkontrolle und -begrenzung auf allen Ebenen, ein lebbares Priesterbild, grundrechtliche Standards und wirksame Maßnahmen gegen geschlechtsbezogene Diskriminierung in der katholischen Kirche. Weniger darf es nicht sein."

Diskussionen um Sexualmoral

Ein Beispiel für den Richtungsstreit dürften die Diskussionen um das Thema Sexualmoral liefern. Der Theologe Andreas Lob-Hüdepohl wies in einem Interview der deutschen Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) den Vorwurf zurück, der "Synodale Weg" ignoriere die traditionellen katholischen Positionen. "In dieser Debatte schauen wir auch auf die Lehren der Kirche", betonte Lob-Hüdepohl. "Wir nehmen sie aber nicht selektiv wahr, sondern sehen auch ihre stete Entwicklung, die selbst Brüche kennt. Anders als manche kirchlichen Hardliner, die so tun, als wären ihre ethischen Auffassungen schon immer und für alle Zeiten in Stein gemeißelt."

"Täuschungsaktion"

Auf einen Sinneswandel beim Umgang mit Homosexualität bis hinauf in den Vatikan hofft der Aachener Bischof Helmut Dieser. Er zeigte sich zuversichtlich, dass beim "Synodalen Weg" die notwendige Zweidrittel-Mehrheit der Bischöfe für Reformvorschläge zustande kommt. Ob diese realisiert würden, sei offen. Die Vorschläge würden nach Rom adressiert. "Was dann dort damit geschieht, liegt nicht mehr in unserer Hand."

Für den Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke liegt darin der grundsätzliche Konstruktionsfehler. Die Initiative sei eine "große Täuschungsaktion der Bischöfe". Dort würden Dokumente als Entscheidungen verkauft, "die ja bloß ein unverbindliches Äußern von Meinungen und Bitten sind. Und die Laien machen das einfach mit und geben dazu die Bühne, auf der die Bischöfe sich als dialogbereit inszenieren können."

"Lehramt der Betroffenen"?

Der an der Uni Wien lehrende, aus Deutschland stammende Theologe Jan-Heiner Tück warnte vor einer Instrumentalisierung von Missbrauchsopfern. Wer beim "Synodalen Weg" der Kirche in Deutschland Reformen fordere und sich dabei auf ein "besonderes Lehramt der Betroffenen" berufe, vereinnahme deren Leiden, schreibt Tück in einem Gastbeitrag auf dem Portal katholisch.at. Statt die Debatte emotional aufzuladen, sollten Sachargumente im Vordergrund stehen.

Tück spricht sich dagegen aus, das berechtigte Anliegen der Aufarbeitung der Missbrauchsthematik mit den Forderungen des "Synodalen Wegs zu verknüpfen: "Soll das Leiden der Opfer dafür herhalten, die Dispositive der Macht in der Kirche umzuschreiben, die Zulassungsbedingungen zum Amt zu lockern, Geschlechtergerechtigkeit zu fördern und die von vielen als rigide empfundene Sexualmoral zu liberalisieren?", schreibt Tück.

Ähnlich hat sich mehrfach der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer - er gilt als einer der schärfsten Kritiker des "Synodalen Wegs" innerhalb der deutschen Bischofskonferenz - geäußert: Er sieht die (auch von ihm für wichtig gehaltene) Missbrauchsdebatte als Vehikel zur Durchsetzung von Reformen, welche er für untauglich hält.

Auch für den Kirchenhistoriker Ulrich Lehner laufen die Synodalen Gefahr, in eine falsche Richtung zu gehen. Man habe noch nicht "die Lektion gelernt, dass Kirchenreform mit der inneren Reform beginnen und enden und daher mit einer Glaubensinitiative einhergehen muss", sagte Lehner im KNA-Interview.

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