80 Prozent der ungarischen Medien befinden sich heute in staatlicher Hand. Den Grundstein dafür soll Orbán bereits 2002 nach seiner plötzlichen Niederlage bei den Parlamentswahlen gelegt haben: Die Fidesz-Partei machte dafür die fehlende mediale Unterstützung verantwortlich und investierte infolge viel Geld in Medienunternehmen, an deren Spitzen loyale Oligarchen gesetzt wurden.
Danach wurden sie entweder geschlossen – wie im Fall der Tageszeitung Népszabadság – oder sie berichteten plötzlich ausschließlich regierungskonform. 2018 folgte die Gründung der staatlichen Mitteleuropäischen Presse- und Medienstiftung (Kesma), der heute 476 Medien unterstehen.
"Sogar die Redaktionen der Nachrichtenagenturen wurden neu besetzt – mit jungen Journalisten, die froh waren über den Job", erzählt Rostoványi. Eine wesentliche Regel: keine negativen Berichte über Russland. "Wir mussten so tun, als herrsche in Russland eine perfekte Demokratie. Über den Kremlkritiker Nawalny durften wir nicht schreiben, nicht einmal bei den Wahlen 2018", erzählt er.
Auch über Österreichs Ibiza-Affäre wurde erst nach Straches Rücktritt berichtet: "Orbán fürchtete wohl, dass dann die ungarische Bevölkerung auf falsche Gedanken käme."
Um kritischen Journalisten einen Schritt voraus zu sein, hat die Regierung auch die israelische Spionage-Software Pegasus genutzt: Eigentlich als Werkzeug gegen Terrorismus, Pädophilie, Drogenhandel und andere Verbrechen gedacht, sollen damit zwischen 2018 und Anfang 2022 mindestens 300 Ungarn, darunter der bekannte Journalist Panyi Szabolcs, ausgespäht worden sein.
Die Kritik der Journalisten richtet sich auch gegen die "gewährende" EU: Vor allem Deutschland sei aufgrund der engen wirtschaftliche Verbindungen zu Ungarn – die deutsche Automobilindustrie nutzt Ungarns billige Arbeitskräfte, lockere Gewerkschaften und Steuererleichterungen – bisher nicht radikal genug gegen Orbán vorgegangen.
Regierung hüllt sich in Schweigen
Die Regierung kam in der Doku übrigens nicht zu Wort; Interviewanfragen wurden nicht beantwortet, hieß es von Seiten der Filmemacher. Das sei wenig verwunderlich: Orbán vermeidet bekanntlich unkontrollierbare Auftritte in regierungskritischen Medien.
Am Sonntagabend wurde die Doku auf dem regierungskritischen Onlinemedium 444.hu veröffentlicht. Welche Folgen sie für die Journalisten haben wird, weiß Rostoványi nicht. Doch das sei normal, wenn man auf der "falschen Seite" der Medien arbeite: "Man weiß nie, ob es die Zeitung in zwei, drei Wochen überhaupt noch gibt."
Die Doku ist hier im ZDF auf Deutsch nachzuschauen.
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