Ungarn gab nach Monaten Einsatz von Spionage-Software zu

Ungarn gab nach Monaten Einsatz von Spionage-Software zu
Die Spähangriffe seien von Richtern oder dem Justizministerium genehmigt gewesen, heißt es.

Hunderte Menschen hatten im Sommer demonstriert, als der Verdacht aufgekommen war – auf eine Antwort mussten sie bis Donnerstag warten. Nach mehreren Monaten des Schweigens räumte die ungarische Regierung nun ein, die umstrittene Spionage-Software „Pegasus“ erworben und eingesetzt zu haben. „Die betreffenden (Geheim- und Polizei-)Dienste verfuhren in jedem Fall gesetzeskonform“, setzte der Vorsitzende des parlamentarischen Verteidigungs- und Innenausschusses, Lajos Kosa, nach.

Die Spähangriffe seien allesamt von Richtern oder vom Justizministerium genehmigt gewesen, fügte er hinzu. In einer Sitzung des Ausschusses war Innenminister Sandor Pinter über die Verwendung der Software befragt worden.

Alle weitere Einzelheiten der Anhörung unterliegen bis zum Jahr 2050 der Geheimhaltung. Journalisten, Menschenrechtsorganisationen und Daten-Forensiker hatten im Juli erstmals über Pegasus berichtet. Weltweit hatten demnach vor allem autoritäre Regierungen die Überwachungssoftware im großen Stil gegen Kritiker, Oppositionelle und Journalisten eingesetzt. Regierungsnahe, ungarische Medien hatten die Recherchen damals einen „hybriden Angriff“ von der „mit George Soros verbundenen Menschenrechtsorganisation Amnesty International“ genannt. Denn auch in Ungarn konnte bereits im Sommer nachgewiesen werden, dass unabhängigen Journalisten, Medieninhabern und Politikern die Software ohne ihr Wissen auf ihre Mobiltelefone geladen worden war.

Verbot gefordert

Indes haben die USA diese Woche die israelische Entwicklerfirma von Pegasus, NSO, auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Neben der NSO Group würden Strafmaßnahmen auch gegen eine weitere israelische Softwarefirma namens Candiru verhängt. Insgesamt kamen vier Unternehmen auf die Liste, weil deren Aktivitäten „den nationalen Sicherheits- oder außenpolitischen Interessen der Vereinigten Staaten zuwiderlaufen“, hieß es. Für einen Handel mit US-Gütern hinsichtlich der Unternehmen auf der sogenannten Entity List gelten Exportbeschränkungen.

Die „Vereinigung der Europajournalisten/Association of European Journalists“ fordert ein EU-weites Einfuhr-Verbot der Pegasus-Software. In einem offenen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verlangte die Organisation überdies eine offizielle Untersuchung darüber, inwieweit die Software oder andere Formen elektronischer Überwachung von den EU-Staaten verwendet werden.ArAr

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