Iran-Krise: Kein Krieg - aber Trump erhöht Druck auf Teheran

Iran-Krise: Kein Krieg - aber Trump erhöht Druck auf Teheran
Nach der Eskalation mit dem Iran trat US-Präsident Trump am Mittwoch auf die Bremse.

Präsident Donald Trump hat trotz der Raketen-Angriffe des Iran auf auch von US-Soldaten belegten Militärstützpunkte im Irak rhetorisch abgerüstet und keinen militärischen Gegenschlag angekündigt. Bei einer mit Spannung erwarteten Rede im Weißen Haus erklärte Trump am Mittwoch, bei den Attacken am Dienstagabend sei kein Mitglied des US-Militärs verletzt worden und nur „minimaler Schaden“ entstanden.

Zuckerbrot und Peitsche

Es scheint, sagte Trump, dass sich der Iran „zurückhält“, was eine „gute Sache“ sei. Den bis auf weiteres geltenden Verzicht auf militärische Vergeltung gegen das Mullah-Regime in Teheran verknüpfte Trump mit einer schon aus den Debatten um Nordkorea bekannten Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche.

Der Iran müsse ab sofort sein Raketen-Programm einstellen, zur Aufnahme von Verhandlungen über ein neues Atomabkommen bereit sein und sein Tun als größter Terror-Sponsor weltweit einstellen.

Im Gegenzug stellte Trump dem Iran Unterstützung für eine „gute Zukunft“ in „Wohlstand und Harmonie“ in Aussicht. „Wir sind bereit, mit allen, die sich darum bemühen, Frieden zu schließen“, sagt Trump, eingerahmt von mehreren Ministern und den Spitzen der Streitkräfte bei seiner kurzen Ansprache.

Sanktionen statt Krieg

Indirekt deutete Trump an, was bei Zuwiderhandlung geschehen könnte. Unter seiner Führung seien 2,5 Billionen Dollar in das „großartigste Militär“ weltweit investiert worden. Bis zu einer „Verhaltensänderung“ des Iran würden die herrschenden Wirtschaftssanktionen zusätzlich noch verschärft, erklärte Trump, ging aber nicht in Details.

Mit dieser Botschaft schloss Trump an das an, was sich am Dienstagabend abgezeichnet hatte: Nachdem Abfeuern von rund 15 iranischen Kurzstrecken auf zwei auch von US-Soldaten belegten Militärstützpunkte im Irak (Al-Asad nahe Bagdad und Erbil im kurdischen Norden) übte er auffallend Zurückhaltung. Die Anordnung eines Gegenschlags unterblieb.

Iran-Krise: Kein Krieg - aber Trump erhöht Druck auf Teheran

Die Gründe für die vorübergehende Entspannung setzen sich aus mehreren Puzzleteilen zusammen. So ergab die politisch-militärische Entzifferung des Geschehens im Irak in Washington das Urteil, der Iran habe „Vergeltung light“ üben wollen, um die Empörung über Soleimanis Exekution im eigenen Land zu kanalisieren und so das Gesicht zu wahren, sagte ein Nahost-Fachmann im Außenministerium dem KURIER.

Keine Todesopfer

Zu dieser Interpretation, die sich auch Kongress-Abgeordnete zu eigen machten, passt, dass die Präzisions-Kurzstrecken-Raketen, die von den iranischen Revolutionsgarden exakt ab 1.20 Uhr (dem Zeitpunkt des Drohnenangriffs auf Soleimani am vergangenen Freitag in Bagdad) abgeschossen wurden, im Lager Al-Asad dort einschlugen, wo keine US-Soldaten stationiert waren. Noch wichtiger: Es gab eine Vorwarnung. Die GIs konnten sich frühzeitig in Schutzeinrichtungen in Sicherheit bringen.

Das Bild einer eng abgezirkelten Reaktion auf niedriger Eskalationstemperatur entspricht ziemlich genau dem, was am Montag die New York Times aus iranischen Quellen von einer internen Sitzung aus dem Mund von Revolutionsführer Ayatollah Chamenei berichtet hatte. Danach sollte es als Sühne für Soleimani einen Angriff des iranischen Militärs (nicht der „Marionetten“ a la Hisbollah) auf ein militärisches Ziel der Amerikaner geben.

Der Eindruck, dass der Iran keinen offenen Großkonflikt vom Zaun brechen wollte, verfestigte sich im Weißen Haus, als die zuständigen US-Kommandos in der Region eine entscheidende Botschaft in das wegen Schneefalls personell dezimierte Pentagon schickten: Keine Opfer auf amerikanischer Seite! Die Meldung des iranischen Staatsfernsehen, dass 80 “amerikanische Terroristen“ umgekommen seien, wurde als Propaganda-Ablenkung eingestuft.

Und so interpretiert, dass Teheran keine weiteren Rache-Akte wegen Soleimani verübt. Die Frage ist: für wie lange? Dass Religionsführer Chamenei es bei einem Dutzend Raketen belässt, um den von Amerika gewaltsam herbeigeführten Tod der iranischen Nr. 2, Soleimani, zu bestrafen, sei “absolutes Wunschdenken“, erklärten Teheran-kritische Kommentatoren. Es handele sich bei den Raketen-Abschüssen um eine “Platzhalter-Aktion“. Sie prophezeien, dass der Iran über “Wochen, Monate oder Jahre“ an verschiedenen Orten eine Rache-Kampagne führen werde.

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