Katar geht es gut: Grünes Licht für Wüsten-WM
Es scheint unausweichlich: Katar wird eine Fußball-WM ausrichten. In weniger als drei Jahren dürfte der Anpfiff erfolgen, trotz jahrelanger, harter Kritik. Emir Tamim al Thani hat es geschafft: Internationale Boykotts des Spektakels sind unwahrscheinlich. Derzeit geht bereits die Klub-WM ohne Nebengeräusche über die Bühne. Der große FC Liverpool gibt dem Emir die Ehre.
Meldungen über tote Gastarbeiter in Katar schockieren niemanden mehr. Sogar der Erzfeind, Saudi-Arabien, hat sein Team vergangene Woche in Katar spielen lassen.
Und das, obwohl die Scheichs aus Riad Katar seit zweieinhalb Jahren mit einem strikten Embargo belegen: Im Juni 2017 stellten Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Ägypten und Bahrain 13 Forderungen an das Emirat. Darunter die Einstellung der diplomatischen Beziehungen zum Iran und auch die sofortige Schließung des Fernsehsenders Al Jazeera.
Kühe eingeflogen
Katar – flächenmäßig kleiner als Oberösterreich – winkte ab und trotzte dem angedrohten Embargo. Um sich mit genügend Milch zu versorgen, ließ al Thani etwa Kühe einfliegen. Das Land kann es sich leisten, ist es doch Weltmarktführer in puncto Flüssiggashandel.
Um militärisch abgesichert zu sein, setzt Katar auf die Türkei und die USA: Waffendeals mit US-Präsident Donald Trump und eine bedeutende US-Militärbasis im Land garantieren die Unterstützung der USA.
In die finanziell kriselnde Türkei pumpte Katar gar 15 Milliarden Dollar. Im Gegenzug sicherte Präsident Recep Tayyip Erdoğan militärische Hilfe zu – Ende November eröffnete er eine zweite Militärbasis in Katar.
Unterstützer der Muslimbrüder
Doha und Ankara sind nicht erst seit dem Embargo ziemlich beste Freunde: Beide Länder unterstützen die Muslimbrüder, eine einflussreiche islamistische Bewegung in der arabisch-muslimischen Welt.
Nahezu der gesamte „Arabische Frühling“ geschah unter Führung oder Mitwirkung der Muslimbrüder, in Ägypten und Saudi-Arabien gilt die Bewegung als Terrororganisation. Ende November bahnte sich ein Kurswechsel Katars an, als bekannt wurde, dass al Thani das Ende der Unterstützung der Muslimbrüder erwägt. Seither ist eine diplomatische Annäherung zwischen Saudis und Katar spürbar.
Von den 13 Forderungen ist keine Rede mehr, vor allem der Staatssender Al Jazeera darf weiterhin sein Programm ausstrahlen, das den anderen Golfstaaten ein Dorn im Auge ist: Kontroverse Talkshows und Diskussionsrunden, die so gar nicht in das totalitäre Denken der meisten Golfstaaten passen, erhitzen zwar die Gemüter konservativer Politiker und der Geistlichkeit, doch die Quoten des Senders stiegen und steigen.
Staatspropaganda
International für Aufmerksamkeit sorgte der Sender nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001: Die Terrororganisation El Kaida verbreitete über Al Jazeera ihre Videobotschaften, was ihm den Ruf als „Terroristensender“ einbrachte.
Anders die englischsprachige Version des Senders, die über Menschenrechtsverletzungen oder prekäre Arbeitssituationen auf der ganzen Welt berichtet – nur nicht über die Situation beim Stadionbau im eigenen Land.
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