Am Dienstag schrieb Spitzbergen internationale Schlagzeilen, weil die norwegische Regierung den Verkauf der letzten privaten Grundfläche an ein chinesisches Unternehmen blockiert hatte.
Obwohl es sich dabei um geschütztes Land handelt, das nicht bebaut werden darf, würde ein Verkauf an Chinesen "die Stabilität der Region gefährden", so Norwegens Handelsministerin Cecilie Myrseth, und "die norwegische Gesetzgebung vor große Herausforderungen stellen".
Seit Jahren versuchen chinesische Staatskonzerne, einen Fuß in das ewige Eis zu setzen. Doch wären sie einmal da, könnte man ihren Einfluss nur schwer einschränken.
Das liegt am außergewöhnlichen Rechtsstatus von Spitzbergen: Die Inseln sind zwar seit 1920 Teil Norwegens, doch andere Staaten dürfen sie uneingeschränkt für wirtschaftliche Zwecke und Forschung nutzen - sofern sie das dazugehörige Land erwerben.
Immer mehr Probleme mit russischen Siedlern
Der staatliche russische Bergbaukonzern Arktikugol kann so etwa seit 70 Jahren Kohleminen betreiben. So entstanden die einst sowjetischen Siedlungen Pyramiden (inzwischen eine verlassene Geisterstadt) und Barentsburg, wo heute noch rund 300 Russen leben.
Früher war der Kontakt mit den Norwegern freundlich, in den 2010er-Jahren kühlte das Verhältnis merklich ab. Seit dem Ukraine-Krieg ist es - nun ja, frostig.
Immer wieder nutzte Russland die Siedlungen auf Spitzbergen unerlaubterweise für militärische Zwecke. 2016 kam es zu diplomatischen Spannungen, als eine tschetschenische Spezialeinheit auf den Inseln Kampfeinsätze probte. Seit 2022 landeten zweimal, ohne Absprache, russische Truppentransporter im Hafen von Barentsburg.
Und wofür die russischen Polarforschungsstationen genutzt werden - das dringt ohnehin nicht mehr nach außen.
Die Arktis soll fast ein Drittel der globalen Erdgasvorkommen beherbergen
Dass sich mit China noch ein zweiter unberechenbarer Akteur in der Region niederlässt, will die norwegische Regierung dringend vermeiden. Schon 2016 sah man sich gezwungen, das vorletzte Privatgrundstück auf Spitzbergen für 33,5 Millionen Euro zu kaufen, um den Einstieg eines chinesischen Konzerns zu verhindern.
Spitzbergen ist nur ein Brennpunkt, der aufzeigt, wie die Arktis im Spiel der Großmächte zunehmend an Bedeutung gewinnt. Das nördlichste Gebiet der Erde wird durch die Erderwärmung über einen immer längeren Zeitraum für Schiffe zugänglich und soll Unmengen an Bodenschätzen beherbergen.
Laut einer US-amerikanischen Studie aus dem Jahr 2009 liegen unter dem Eis fast ein Drittel der globalen Erdgasvorkommen und 13 Prozent der Ölvorkommen verborgen. „Diese Zahlen sind zwar nicht verlässlich“, meint die deutsche Polarforscherin Nina Döring im Gespräch mit der Deutschen Welle, „aber sie tauchen in den Strategiepapieren etlicher Staaten auf.“
"China wird unweigerlich von Russland in den Norden mitgezogen"
Vor allem Russland setzt bei seinen Zukunftsplanungen auf die Arktis. Kein Wunder: Mehr als die Hälfte der arktischen Küstenlinie ist Teil des russischen Territoriums, der eigene Einfluss in der Region bereits riesengroß.
Mit 40 Eisbrechern verfügt Russlands Marine über mehr, als alle anderen Nationen zusammen. Die Schiffe können selbst drei Meter dicke Eisschichten durchbrechen. Doch in der Eislandschaft Minen, Bohrinseln und Pipelines zu bauen, ist extrem teuer. Außerdem braucht es dafür zahlungskräftige Abnehmer.
„Wenn Russland seinen Teil der Arktis bewirtschaften will, ist es auf chinesische Investoren und den chinesischen Markt angewiesen“, meint der norwegische Politologe Andreas Østhagen in einem Gastvortrag am US-amerikanischen Zentrum für Strategische und Internationale Studien (CSIS). „Deshalb wird China unweigerlich von Russland in den Norden mitgezogen.“
Als Trump Grönland kaufen wollte
Schon 2018 ernannte der chinesische Machthaber Xi Jinping China zu einem "Staat in Arktisnähe" und gab dem hohen Norden damit einen politischen Stellenwert. Das blieb auch in Washington nicht verborgen, wo der damalige Außenminister Mike Pompeo sofort klarstellte, die USA seien "selbstverständlich ein Arktis-Staat", schließlich kontrolliere man das gewaltige Alaska.
Es dauerte nur ein weiteres Jahr, bis Ex-US-Präsident Donald Trump den wohl plumpsten Versuch unternahm, das Einflussgebiet im polaren Nordkreis schlagartig zu vergrößern: Er verkündete, Grönland kaufen zu wollen. Die Regierung des Königreichs Dänemark, zu dem die weltgrößte Insel gehört, schlug das Angebot aus.
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