Ein alter Taktiker bleibt im Chaos gelassen
Nein, jede Grobheit über seine Politiker muss sich auch ein italienischer Präsident nicht gefallen lassen. „Clowns, einer davon mit zu viel Testosteron“, hätten die Wahlen in Italien gewonnen, polterte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück über Beppe Grillo und Silvio Berlusconi. Prompt ließ Giorgio Napolitano – zur Zeit auf Deutschland-Besuch – das Treffen mit Steinbrück platzen.
Ansonsten aber ist der 87-Jährige vor allem einmal um Ruhe bemüht; bei der EU-Großmacht Deutschland, aber auch zuhause in Rom. Seinem deutschen Amtskollegen Joachim Gauck, aber auch Kanzlerin Merkel versicherte Napolitano, „die Bildung einer neuen Regierung in Rom wird gelingen“. Es seien eben manchmal kalte Zeiten, meinte der greise politische Routinier, aber gerade für den Präsidenten eines südlichen Landes müssten die doch zu meistern sein.
Napolitano hat schon zwei Regierungskrisen gemeistert – immer auf die Weise, die ihn zu diesem Zeitpunkt die beste schien. Als der Linke Romano Prodi 2008 im Parlament zu Fall gebracht wurde, rief er schließlich Neuwahlen aus. Als Silvio Berlusconi 2011 abtreten musste, berief er eine Expertenregierung unter Mario Monti ins Amt. Was er diesmal vorhaben könnte, ließ Napolitano vorerst nicht durchblicken. Wenn er in seinen Amtssitz im römischen Palazzo Quirinale zurückkehrt, wird sich der Präsident zuerst einmal mit den Chefs der Parteien, aber auch mit allen anderen politischen Entscheidungsträgern beraten. Nach sieben Jahren im Amt und einer jahrzehntelangen Laufbahn quer durch unzählige politische Spitzenfunktionen hat er zu allen erstklassige Beziehungen.
Tiefe Gräben zwischen Parteien
Um aus den drei stimmenstärksten Gruppierungen eine mehrheitsfähige Regierung zu zimmern, wäre eine taktische Meisterleistung notwendig. Zwar hat Silvio Berlusconis rechte Allianz Bereitschaft zu Verhandlungen über eine Regierung signalisiert, doch die tiefen Gräben zwischen ihr und der Linken unter Bersani lassen eine stabile Regierung kaum zu. Beppe Grillos Protestbewegung will eine mögliche Regierung vorerst nur bei einzelnen Anliegen unterstützen, sich aber aufs Regieren gar nicht einlassen. Einen Pakt mit Bersani lehnte sie schon am Mittwoch kategorisch ab. Bleibt nur noch die Möglichkeit, eine Regierung zu bilden, deren einzige Aufgabe es ist, das völlig deformierte Wahlgesetz zu reformieren. Würden dann Neuwahlen ausgerufen, könnten diese wenigstens ein vernünftigeres Ergebnis liefern – theoretisch.
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