Die "Brandmauer" nach rechts verschiebt sich
Im Blickfeld der Konservativen steht da derzeit vor allem eine wichtige politische Figur: Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Als Vorsitzende der "Fratelli d'Italia" hat Meloni ein rechtes politisches Bündnis geschmiedet, mit dem sie seit 2022 Italien regiert. Wegen ihrer historischen Wurzeln im Faschismus der Diktatur von Benito Mussolini wird die Partei bis heute von Politikexperten als "postfaschistisch" bezeichnet.
Wirtschaftliche Erfolgsgeschichte mit Schwächen
Meloni aber hat die Partei auf einen klar pro-europäischen Kurs gebracht. Anders als viele Parteien am rechten politischen Rand, wie etwa FPÖ und AfD, unterstützt sie auch unzweideutig die Ukraine. Außerdem reitet Meloni auf der Welle wirtschaftlicher Erfolge: Dank Milliarden an Post-Corona-Hilfen aus der EU-Kassa - Italien ist der Hauptprofiteur dieser Gelder - boomt Italiens Wirtschaft, wenn auch begleitet von längst außer Rand und Band geratenen Staatsschulden.
Das macht die italienische Premierministerin auch als politischer Partner auf EU-Ebene attraktiv. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat zuletzt mehrere Besuche in Rom absolviert, bei denen die beiden Spitzenpolitikerinnen ihre politische Nähe demonstrierten.
Wachsende Spannungen im Bündnis in Brüssel
Dahinter steht die Suche nach neuen Mehrheiten im EU-Parlament und natürlich auch in der Führung der gesamten EU nach den Europawahlen. Im bisherigen Bündnis zwischen Sozialdemokraten, Christdemokraten und Liberalen zeigen sich deutliche Risse. So kritisieren die Sozialdemokraten offen die Abkehr der Bürgerlichen von vielen Zielen des "Green Deal", also des Kampfes gegen den Klimawandel. Auch das erklärte Ziel der Volksparteien, die Amtszeit der nächsten EU-Kommission vor allem der Wettbewerbsfähigkeit von Europas Wirtschaft zu widmen, ist den Sozialdemokraten zu einseitig.
Auch aus Deutschland kommt Interesse an Meloni
Offene Sympathien für ein Bündnis mit Meloni zeigt seit längerem auch der Fraktionschef der EU-Volksparteien Manfred Weber. Bisher spricht der CSUler zwar nur von einer punktuellen Zusammenarbeit, aber die könnte nach den Wahlen rasch vertieft werden. In dieselbe Kerbe schlägt auch der prominente CDU-Politiker Jens Spahn. Der sieht im Interview mit der Nachrichtenwebsite "Euractiv" zwar weiterhin eine "politische Brandmauer" nach rechts, die aber verlaufe inzwischen rechts von Meloni und ihrer Fratelli-Partei.
Meloni winkt freundlich zurück
Auch von Seiten der italienischen Premierministerin kommen inzwischen deutliche Signale für eine Zusammenarbeit mit den Konservativen. Im italienischen Fernsehen nennt Meloni die Zusammenarbeit zwischen Sozialdemokraten und Konservativen auf EU-Ebene "unnatürlich". Das Schmieden eines Bündnisses zwischen Konservativen und Rechtsparteien im EU-Parlament sei für sie "eine faszinierende Aufgabe". Außerdem könne man damit ein wichtiges politisches Ziel erreichen, "die Linke in Opposition zu schicken".
Auch Marine Le Pen zeigt Interesse
Wie weit nach rechts aber könnte dieses europäische Bündnis reichen? Sogar die Französin Marine Le Pen, mit ihrem Rassemblement National bisher Partner der FPÖ im EU-Parlament und erbitterte politische Gegnerin Melonis, sucht inzwischen deren politische Nähe. Es gebe, sagte sie bei einem Auftritt am Sonntag, "gemeinsame Punkte mit Meloni".
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