Wodurch Israel sich weltweit isolieren würde und in eine Paria-Rolle zu rutschen droht. Ein Status, den Israel innerhalb der meisten UN-Organisationen bereits einnimmt. Nur ein Beispiel für drohende Konsequenzen: Auch das amerikanische Gesetz verbietet den Export von Waffen in Länder, die humanitäre Hilfsleistungen an die Zivilbevölkerung in Kriegsgebieten verbieten.
Wer soll das bezahlen?
Noch sind die Auswirkungen dieser Gesetzgebung nicht ganz abzuschätzen. Israels Verwaltungskräfte vor Ort im Gazastreifen und in den Palästinensergebieten, sprich Israels Sicherheitskräfte, werden alles Mögliche tun, die Auswirkungen auf ein Minimum zu beschränken. So könnte Israels Militärverwaltung die in den besetzten Gebieten beschränkte Gültigkeit israelischen Rechts nutzen, Sperren und Verbote außerhalb des israelischen Staatsgebietes auf ein Mindestmaß zu halten.
Denn wer soll das bezahlen, wenn die UNRWA es nicht mehr darf? Allein die Belieferung des Gazastreifens mit Nahrungsmitteln erfordern derzeit 5 Milliarden Euro im Jahr. Unkosten für die medizinische Versorgung und Sozialleistungen kämen noch hinzu. Unkosten zur Versorgung von palästinensischen Flüchtlingen, mit deren Übernahme durch die jetzige Regierung Israels kaum zu rechnen ist. In der geben extremistische Kräfte den Ton an.
Israels Militärverwaltung COGAT zieht im Selbstbild die Bezeichnung "Zivilverwaltung" vor. Doch ist sie heilfroh, dass UNRWA und seit 1996 auch die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) ihr die zivilen Aufgaben weitgehend abnehmen. Gelingt ihr nicht die Verhinderung des sich abzeichnenden Chaos, droht noch ein weiteres Problem: Die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen mit der PA wäre gefährdet. Und damit ein wichtiger Teil im Kampf gegen Terrorzellen.
UNRWA-Sitz soll abgerissen werden
Auch die Jerusalemer Stadtverwaltung, in der sich das einzige palästinensische Flüchtlingslager auf israelischem Hoheitsgebiet befindet, wird die Ausweitung ihrer wirtschaftlichen, sozialen und humanitären Verpflichtungen nicht bejubeln. Schon jetzt hat sie in den arabischen Vierteln der Stadt Probleme, diesen nachzukommen. Im Flüchtlingslager Schuafat ist dieser Versorgungsengpass noch spürbarer als andernorts.
Eine simple Übernahme der UNRWA-Einrichtungen dürfte sich nicht leicht bis hin zu unmöglich gestalten. Auch wenn die extremistischen Minister in der Regierung sich das genau so vorstellen. Noch vor der neuen Gesetzgebung legte Israels Bodenbehörde Baupläne auf den Tisch: Demnach soll ein UNRWA-Sitz in Jerusalem zugunsten neuen Wohnraums abgerissen werden.
Die Streichung diplomatischer und wirtschaftlicher Vergünstigungen für UNRWA innerhalb Israels kann durchaus Auswirkungen auf die Lage in den besetzten Gebieten haben. So dürfte Finanzminister Bezalel Smotrich als wichtigster Vertreter der Extremisten im Kabinett keine Probleme haben, auch die Banken in die Sperrpflicht gegen UNRWA einzubinden. Probleme hätten aber die Banken, denen weltweiter Boykott drohen könnte.
So berechtigt die Kritik Israels an der UNO und auch UNRWA zum Teil sein mag, sie kann nicht als Grund herhalten, die ungeliebte Organisation ganz zu boykottieren. Auch in der Regierung und vor allem Premier Benjamin Netanjahu dürfte dies bekannt sein. Ganz gleich ob 6, 12 oder 100 der 13 000 UNRWA-Mitarbeiter in den besetzten Gebieten als Hamas-Mitglieder geoutet wurden: UNRWA ist deswegen keine Terror-Organisation. Im letzten Kriegsjahr hat Netanjahus Regierung immer wieder ihre politische, auch innenpolitische Unfähigkeit bewiesen. Auch diesmal wird es wieder an der Armee liegen, die Fehler der Politik vor Ort auszugleichen.
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