Die getroffenen Ziele im Iran rauchten noch, als sich Mossad-Chef David Barnea nach Katar aufmachte, um einen erneuten Versuch zu unternehmen, die etwa einhundert Geiseln (davon wurden bereits 34 von der Hamas ermordet, Anm.), im Gazastreifen freizubekommen. Seit mehr als einem Jahr sind sie in den Händen der Terrororganisation Hamas, darunter der österreichisch-israelische Staatsbürger Tal Shoham.
Sein Vater, Gilad Korngold, kämpft nach wie vor darum, dass sein Sohn freikommt – zur Regierung Netanjahu fasst er kein großes Vertrauen mehr, wie er im KURIER-Interview sagte. Regelmäßig protestieren Angehörige der Geiseln gegen die Regierung, fordern Verhandlungen in Richtung Freilassung ihrer Liebsten.
Kritik an Netanjahu
In der israelischen Regierung herrscht Uneinigkeit – Berichten zufolge sollen die Ägypter, die bei bisherigen Verhandlungen maßgeblich beteiligt waren, ein Abkommen vorgeschlagen haben: Zwei Tage Waffenruhe, vier israelische Geiseln für eine gewisse Anzahl an palästinensischen Terroristen. Der israelische Premier Benjamin Netanjahu soll den Vorschlag laut dem israelischen Channel 12 seinem Kabinett erst gar nicht zur Abstimmung vorgelegt haben – aufgrund der zwei Tage Waffenstillstand. Auch dieser Bericht führte zu Wut aufseiten der Geisel-Angehörigen, die am Montag in der Knesset lautstark protestierten.
Gleichzeitig drängt der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant auf eine raschere Entscheidung: „Die Rückkehr der Geiseln in ihre Heimat verlangt schmerzhafte Kompromisse“, sagte er. „Wir müssen dies für die Geiseln tun, für ihre Familien, für die Soldaten, die für dieses Ziel gefallen sind.“
„Krieg ohne Kompass“
Auch in Richtung Regierung übte er einmal mehr Kritik: „Die derzeitige Situation, in der wir ohne gültigen Kompass und ohne aktualisierte Kriegsziele operieren, schadet der Führung des Feldzugs und den Entscheidungen des Kabinetts“, schrieb er in einem Brief an den Premierminister. Tatsächlich könnten sich dieser Tage die Weichen neu stellen: Während Barnea in Katar mit CIA-Chef William Burns sowie Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani verhandelt, dürften die Mullahs im Iran darüber beraten, ob sie auf den israelischen Vergeltungsschlag am Samstag ihrerseits erneut zurückschlagen wollen.
Israel hatte den Iran vor dem Angriff gewarnt, bisherigen Erkenntnissen zufolge tatsächlich nur militärische Ziele wie Geräte zur Mischung von Festbrennstoff für ballistische Raketen sowie Luftverteidigungssysteme zerstört.
Chance für Durchbrüche
Der Angriff war verhältnismäßig moderat und dürfte eine weitere Warnung an den Iran gewesen sein. Sollte der Iran – trotz Drohungen der Revolutionsgarden – diese Warnung verstehen, könnte es langsam aber sicher doch zu Durchbrüchen an der Geisel-Front kommen. Die Hamas ist derzeit weitgehend führungslos, die Frage der Nachfolge des getöteten Terroristen Yahya Sinwar muss erst geklärt werden – und es soll einige Aspiranten geben. Die Hisbollah wurde – nicht nur durch die Tötung Hassan Nasrallahs und fast des gesamten Führungskaders – geschwächt. Die Hamas militärisch besiegt.
Feuert der Iran jedoch erneut seine Raketen auf Israel, stellt die Hamas erneut zu hohe Forderungen oder gewinnen die Hardliner in der israelischen Regierung auch jetzt wieder die Oberhand, kann sich der Krieg noch lange ziehen – und die Hoffnung auf eine Rückkehr der Geiseln schwindet noch mehr.
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