Entscheidung in Israel: Muslime dürfen Tempelberg im Ramadan betreten

Entscheidung in Israel: Muslime dürfen Tempelberg im Ramadan betreten
Indes hofft die Hamas weiter auf eine „islamische Einheitsfront“

Israels Premier Benjamin Netanjahu entschied am Dienstagabend gegen mehrere radikale Minister seiner Koalition und mit seinen Sicherheitsberatern aus Armee und Geheimdiensten: Auch im Kriegsjahr bleiben die Gebetsregelungen im Fastenmonat Ramadan an der Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg in Jerusalem wie in den Vorjahren: Mit Altersbeschränkungen für Muslime aus dem von Israel besetzten Westjordanland, ohne Beschränkungen für Muslime mit israelischer Staatsbürgerschaft.

Ein Mal pro Woche sollen diese Auflagen neuen Lageeinschätzungen angepasst werden. "Israels Politik war und bleibt die Einhaltung der Gebetsfreiheit für alle Religionen", erklärte der Premier gleich zu Beginn der Kabinettssitzung. Sein Minister für Innere Sicherheit, Itamar Ben Gvir, wollte den Zugang für Muslime aus den besetzten Gebieten vollständig sperren und Muslime aus Israel erst ab einem Alter von 70 Jahren zulassen. 

In vergangenen Jahren bot der Ramadan immer wieder Anlass zu Zusammenstößen zwischen meist jugendlichen Randalierern und der Polizei. Israels Sicherheitsexperten sorgen sich zusätzlich um Folgen innerhalb Israels: „Solche Einschränkungen sind nicht notwendig. Sie können aber langfristig schwer den empfindlichen Beziehungen zwischen der arabischen Minderheit und der jüdischen Mehrheit schaden“, warnte das angesehene Institut für Nationale Sicherheit an der Universität Tel Aviv.

Für die Zeitung Haaretz ist die Politik der Extremisten im Kabinett kein "politischer Irrtum", sondern gezielte Provokation. "Sie sollen den Arabern das Leben schwer machen und so eine Lage provozieren, die harte Maßnahmen gegen sie rechtfertigt."

Streit in der Hamas?

Indes hofft die Hamas auf eine islamische Einheitsfront – was auch die zaudernde Antwort der Hamas-Führung im Gazastreifen in laufenden Verhandlungen über die Freilassung israelischer Geiseln erklären könnte.

Von über 134 Geiseln sind bereits um die 30 nicht mehr am Leben. Verhandlungsziel ist neben einem weiteren Austausch auch eine längere Feuerpause. In den arabischen und israelischen Medien kam es sogar zu Meldungen, das Zögern der Hamas-Führung in Gaza habe zu einem Streit mit der Hamas-Auslandsführung geführt.

Auch die israelische Armee hätte nichts gegen eine Feuerpause. Die Kämpfe gegen Hamas-Nester in Khan Yunis und im Norden ziehen sich nur schwerfällig dahin. Wobei eine Feuerpause sogar ein vollständiges Ende der Kämpfe herbeiführen könnte.

Bleibt ein Geisel-Deal mit Feuerpause hingegen aus, soll eine Offensive im Süden Gazas und in dort noch nicht eingenommenen Flüchtlingslagern starten. Eine im Ramadan drohende regionale Ausweitung des Konflikts vom Libanon bis Jemen würde die militärischen Anforderungen noch um ein Vielfaches erhöhen.

Hamas-Führer Jechije Sinwar muss sich jetzt entscheiden: Zwischen einem greifbaren Deal mit Feuerpause und seiner trügerischen Hoffnung auf eine Einheitsfront. Auch Benjamin Netanjahu muss sich entscheiden: Zwischen einem Dauerkrieg ohne Entscheidung und ohne Hoffnung für die Geiseln – und einer Politik, die vorwärts führt. Vorwärts aber auch ins Ende seiner Amtszeit.

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