Wie Biden Netanjahu mit Plan zu Waffenruhe unter Druck setzt

US-Präsident Joe Biden hatte seine Stellungnahme zum "Geisel-Deal" zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas genau geplant. Mit dem Timing am Sabbat-Ruhetag verzögerte er Proteste der strengfrommen Hardliner im israelischen Kabinett. Er veröffentlichte einen vom israelischen Kriegskabinett im Hinterzimmer bereits abgesegneten Drei-Stufen-Plan – und setzte den israelischen Premier Benjamin Netanjahu damit unter Zugzwang.
Der von Biden gegen Vermittler-Gepflogenheiten veröffentlichte Drei-Stufen-Plan ist nicht neu. Die erste Stufe sieht eine mehrwöchige Feuerpause in Gaza zwischen Israel und der Hamas vor, zusammen mit dem Abzug der israelischen Armee aus bewohnten Regionen des Küstenstreifens. Danach soll eine erste Gruppe israelischer Geiseln freigelassen werden – Frauen, Alte, Kranke – im Austausch gegen Hunderte palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen. Gleichzeitig sind Verhandlungen um eine endgültige Kampfeinstellung vorgesehen. Solange diese andauern, bleibe die Feuerpause in Kraft.
Die zweite Stufe beginnt mit der Freilassung aller noch lebender Geiseln, wieder im Austausch gegen weitere palästinensische Gefangene, gefolgt vom endgültigen Abzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen. In der dritten Stufe soll die Rückgabe der Leichen verstorbener Geisel erfolgen. Auch der Wiederaufbau des stark zerstörten Gazastreifens soll dann beginnen.
Hunderttausend demonstrierten für Geisel-Deal
Präsident Biden betonte die Vorteile des Plans für beide Seiten: Er bringe das von der Hamas so beharrlich geforderte Kriegsende sowie die von Israel verlangte Rückkehr aller Geiseln nach Hause. Was der Plan nicht enthält: die von der Hamas erwarteten US-Garantien zum vollständigen Kriegsende.

US-Präsident Biden setzte den israelischen Premier Netanjahu unter Zugzwang.
Inoffiziell reagierten Hamas-Sprecher zwar positiv auf das Angebot. Eine offizielle Antwort steht aber noch aus und könnte auch anders aussehen.
Israels Öffentlichkeit versuchte Biden durch die Aussicht auf bessere Zeiten zu beruhigen. Nach den schweren Schlägen der letzten Monate müsse Israel keine weiteren Angriffe der Hamas wie am 7. Oktober 2023 befürchten. Ein Teil der Bevölkerung ist für den Deal: Am Samstagabend demonstrierten rund 120.000 Menschen in Tel Aviv für den Plan – die Rede war vom größten Protest seit des Massakers der Hamas.

Rund 120.000 Menschen demonstrierten am Samstag in Tel Aviv für den Deal – die Rede ist vom größten Protest seit dem 7. Oktober.
Durch eine Annahme des Plans sei auch der Weg Israels in ein regionales Verteidigungsbündnis mit den gemäßigten arabischen Anrainerstaaten, einschließlich Saudi-Arabien, geebnet. Doch bleiben andere Fragen offen, etwa ob bei einem Kriegsende in Gaza auch die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah ihre Angriffe auf Israel einstellen wird.
Netanjahu gefährdet mit Zustimmung Koalition
Israels Premier verweigerte bislang, eine Machtübernahme durch die im Westjordanland regierende PLO in Gaza zu akzeptieren. Netanjahu gab dem Plan hinter den Kulissen zwar seine Einwilligung. Doch bedroht eine Annahme seine Koalition mit den extremistischen Hardlinern. Die lehnen ein vollständiges Kriegsende ab.
Die Opposition hat ankündigt, im Parlament in jedem Fall für den Plan zu stimmen. Eine Mehrheit wäre damit gesichert. Ohne die Stimmen seiner radikalen Partner aber wären Neuwahlen die unausweichliche Folge – mit geringen Siegesaussichten für Netanjahu.
Kommentare