Vertriebene in Israel: Das Vertrauen in Staat und Armee schwindet

Vertriebene in Israel: Das Vertrauen in Staat und Armee schwindet
Mehr als eine halbe Million Israelis ist wegen der Hamas-Attacken vertrieben worden. Viele der Evakuierten sitzen in Hotels und wissen nicht wohin – und ihr Frust über die Regierung Netanjahu wächst.

Wie Touristen sitzen sie in der Lobby des Hotel Leonardo am Toten Meer. Normalerweise suchen Menschen aus aller Welt hier Ruhe und Erholung, am tiefsten Punkt der Erde.

Jetzt sitzen hier Menschen ohne Obdach, Verzweifelte, Trauernde aus Israels überfallenen Grenzorten am Gazastreifen. Ein Tiefpunkt der anderen Art.

„Bibi kann mich mal“

„Dass die Armee uns so im Stich lassen konnte“, sagt Juli, der aus Sderot hierher kam. Die Stadt direkt an der Grenze zum Gazastreifen war eines der ersten Ziele der Hamas, später hat die Regierung sie räumen lassen. „An wen sollen wir denn noch glauben? An Bibi Netanjahu? Den und seinen Likud hab ich gewählt, seit ich in Israel wählen kann. Jetzt kann er mich mal“, sagt der 70-Jährige, der 1990 aus der UdSSR nach Israel auswanderte. Seit über 30 Jahren lebt er mit den Raketen, „14 Sekunden bis zum Schutzraum sind es“, sagt er. „Schlimm, aber der Mensch gewöhnt sich. Doch Terroristen im Vorgarten?“

Juli weiß wie viele andere nicht, wohin mit sich. Im Hotel kann er nicht bleiben, in drei Tagen muss er raus, mehr wurde vom Staat nicht im Voraus gezahlt. Zurück nach Sderot? Zu den Raketen? Fragen kann Juli niemand: „Es gibt für alles freiwillige Helfer. Aber ich kenne keine Stelle, an der jemand von der Regierung mir Rede und Antwort steht.“

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