Israel auf dem Weg zu "unnötigsten Wahlen seit je"

Kommen nicht zusammen: Benny Gantz und "Bibi" Netanjahu
Während aussichtsloser Koalitionsgespräche beschlossen die zwei Großparteien einen neuen Urnengang. Eine verdächtig schnelle Einigung.

Immer noch ziehen sich die Koalitionsgespräche in Israel zäh und so gut wie aussichtslos dahin. Doch auf einen Termin für Neuwahlen einigten sich die beiden Großparteien Blau-Weiß und Likud bereits: Am 2. März sollen die dritten und „unnötigsten Wahlen seit je“ in einem Jahr stattfinden.

Eine verdächtig schnelle Einigung. Sie könnte auch als Druckmittel dienen, einige schwache Möglichkeiten zu einer Regierungsbildung in letzter Minute zu nutzen. Falls doch nicht, beginnt am Donnerstag der Wahlkampf. Dann geht es in erster Linie darum, die Schuld am Scheitern der Verhandlungen auf die Gegenseite abzuwälzen.

Israels Wähler sind vom Scheitern der Gespräche nicht angetan. Es könnte einen entscheidenden Teil der Wechselwähler zu einer Änderung ihrer Stimmabgabe bewegen. In letzten Umfragen gab eine deutliche Mehrheit von weit über 70 Prozent Netanjahu die Schuld.

Nicht ohne Grund: Auf dem Papier könnten die Parteien Likud und Blau-Weiß sich in wenigen Stunden einigen. Aber in den Verhandlungen ging es bisher nicht um Ministerien oder Programme. Der Likud hatte nur ein Ziel vor Augen: Wie kann der jetzt noch als Übergangspremier fungierende Benjamin Netanjahu davor bewahrt werden, in drei Korruptionsanklagen vor Gericht treten zu müssen?

Der Likud war nicht bereit, auf eine weitere Amtsübernahme Netanjahus zu verzichten.

Mindestens ein halbes Jahr braucht Netanjahu, um sich durch eine Gesetzesänderung oder parlamentarische Mehrheit in Sicherheit bringen zu können. Die Blau-Weiß-Partei erwog tatsächlich sogar zeitweise in einem Rotationsabkommen Netanjahu den Vortritt zu lassen. Jedoch nur wenn Garantien, per Gesetz oder Vertrag, einen zukünftigen Amtsverzicht Netanyahus sicher stellen.

Was anzuzweifeln war, wollte Netanjahu doch nicht auf seine bisherigen rechten Verbündeten verzichten. Er wollte sie mit in eine große Koalition einbringen. „Daher war der Likud auch nicht bereit, über ein zukünftiges Regierungsprogramm einer neuen Koalition zu sprechen“, erklärte Avi Nissenkorn, der Blau-Weiß-Chefunterhändler, „hätte er doch so seine rechten Partner vergrault.“

Rechter Lieberman als Retter?

Eine letzte Chance besteht zumindest noch theoretisch: Der rechte Königsmacher Avigdor Lieberman und seine Beytenu-Partei könnte im letzten Moment in den Schoß des rechten Lagers zurückkehren.

Damit wäre er der Retter der Nation vor einem dritten Wahlgang. Doch er würde so auch viele Netanjahu-Gegner unter seinen Wähler vertreiben. „Hinter den Kulissen laufen die Likud-Vertreter bei Lieberman Sturm“, berichtete Wahlexperte Hanan Crystal am Montag.

Mit Neuwahlen käme auf Netanjahu noch ein weiteres Problem zu: Im Likud müssen per Statuten Urwahlen abgehalten werden. Der Herausforderer Gidon Saar will auf eine Gegenkandidatur nicht verzichten. Netanjahu warnte bereits seine Partei: „Der verkauft für meine Entmachtung die Siedlungen.“ Ein erstes Signal wie diffamierend und hetzerisch Netanyahu den kommenden Wahlkampf führen will.

Mehr noch: Es häufen sich in den letzten Tagen aus Richtung des rechten Lagers Warnungen vor den wachsenden Gefahren für Israel. Sie kommen im Wahlkampf dem rechten Lager sehr gelegen.

Verteidigungsminister Naftali Bennett prahlte diese Woche sogar mit der Tötung iranischer Soldaten bei jüngsten Angriffen in Syrien und Irak, für die Israel offiziell aber bislang keine Verantwortung übernommen hat.  In der Armeeführung, so die Zeitung Haaretz, wurde die „politische Instrumentalisierung sensibler militärischer Aktionen“ scharf kritisiert.

 

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