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Russland-Affäre: Bringt der Sohn den Vater zu Fall?

Donald Trump und sein Sohn Donald Trump Junior
E-Mails und ein Treffen mit einer russischen Anwältin befeuern die Russland-Affäre erneut. Dieses Mal steht Trumps Sohn im Mittelpunkt der Enthüllungen.

Seit Monaten kursieren Gerüchte, Anspielungen und Behauptungen über Absprachen zwischen dem engsten Kreis des US-Präsidenten Donald Trump und der Regierung in Russland. Manchmal erinnern die Enthüllungen an einen reißenden Fluss, der die gesamte Präsidentschaft Trumps wegschwemmen könnte. Manchmal aber an einen Bach, der die große Russland-Affäre nicht mehr tragen kann. Aber egal, wie die Leaks daherkommen, massig oder tröpfchenweise... an Donald Trump scheint all das abzuperlen.

Die Russland-Affäre hat der US-Präsident schon längst abgehakt. Nach dem Treffen mit Wladimir Putin beim G20-Gipfel zum Beispiel twitterte er: "Jetzt ist es Zeit, nach vorne zu schauen." Soll heißen: Lasst die Vergangenheit ruhen. Dass ihm ausgerechnet seine eigene Familie einen Strich durch die Rechnung macht, gleicht einem Treppenwitz.

https://twitter.com/realDonaldTrump/status/884013689736769536
Donald J. Trump (@realDonaldTrump

Trumps ältester Sohn, Donald Trump Junior, hat sich im Wahlkampf 2016 mit der russischen Anwältin Natalia Weselnizkaja getroffen, von der er sich kompromittierende Informationen über Hillary Clinton versprach. Das geht aus einem E-Mail-Verkehr zwischen ihm und einem dubiosen Mittelsmann namens Rob Goldstone hervor, der das Treffen einfädelte. Dieser E-Mail-Wechsel gilt als die bisher größte Bombe im gesamten Russland-Skandal.

Seinem Vater habe er vom Treffen nichts erzählt, erklärte Trump Junior, weil es ohne Bedeutung gewesen sei, "20 vergeudete Minuten", wie er sagt. Ohne die aktuellen Vorwürfe hätte er sich daran gar nicht mehr erinnert. Allerdings war er mit der russischen Anwältin nicht alleine. Jared Kushner, Schwiegersohn des US-Präsidenten und nunmehrige Chefberater im West Wing, und Trumps Ex-Wahlkampfmanager Paul Manafort haben am suspekten Treffen teilgenommen – ein klarer Widerspruch zu allen Dementis des Trump-Lagers.

Damit ist erstmals bestätigt, dass das Trump-Team sich zumindest ein Stück weit auf Angebote einließ, angebliche Wahlkampfhilfe der russischen Regierung zu nutzen.

Viele Fragen sind noch offen

Die neuen Vorwürfe werfen eine Vielzahl von Fragen auf: Wusste US-Präsident Trump vom Treffen? Welche Informationen über Clinton wurden übergeben? Wenn das Treffen, wie Trump Junior behauptet, unbedeutend war, wieso hat er es dann verheimlicht?

Interessant ist der Zeitpunkt. Vier Tage nachdem der Junior zum ersten Mal von Goldstone kontaktiert wurde (3. Juni), kündigte der Senior bei einem Auftritt an, neue Informationen über seine Kontrahentin Hillary Clinton zu veröffentlichen, "wahrscheinlich nächsten Montag", dem 13. Juni. "Ich glaube, ihr werdet es sehr interessant finden", sagte Trump.

Am 9. Juni kam es zum Treffen zwischen dem Präsidentschaftssohn und der russischen Anwältin. Trump Junior und der "Kreml-Kontakt" dementieren, dass Informationen ausgetauscht wurden. Weselnizkaja sagt heute, dass sie nicht das gehabt hätte, was gewünscht war.

Als Trump am 13. Juni seine Rede zur Nationalen Sicherheit hielt, wurde Clintons Politik als Außenministerin unter Barack Obama zwar erwähnt, neue Informationen gab es allerdings nicht.

Und was war mit Trump Junior? Nur sechs Wochen nach dem Treffen bezeichnete er – wie viele andere Trump-Verbündete – den Vorwurf, Russland mische sich im US-Wahlkampf ein und helfe seinem Vater, als "erfunden" und "ekelhaft". Man habe sich nie mit russischen Politikern getroffen, und Absprachen hätte es nie gegeben.

So ging es über Wochen. Erst nach der geschlagenen US-Wahl gaben mehrere Berater des Präsidenten zu, Kontakte zu Russen gehabt zu haben. Durch US-Medien wurden folgende Verbindungen bekannt.

  • Im Februar trat Sicherheitsberater Michael Flynn zurück, weil er noch vor Amtsantritt von US-Präsident Trump mit dem russischen Botschafter Sergey Kislyak Gespräche über Sanktionen geführt und dies verheimlicht hatte.
  • Wahlkampfmanager Manafort trat im August 2016 zurück, nachdem die New York Times berichtete, dass er jahrelang für den ehemaligen ukrainischen Präsidenten und Kreml-Verbündeten Viktor Janukowitsch gearbeitet und dafür möglicherweise Millionenbeträge kassiert hatte.
  • Im März 2017 gab Justizminister Jeff Sessions zu, sich im vergangenen Jahr zweimal mit dem russischen Botschafter in Washington getroffen zu haben.
  • Egal, Trump spielte all das herunter – auch den jüngsten Fall, in dem sein Sohn involviert ist.

Aber was genau steckt hinter den neuen Enthüllungen? Und wer sind die neuen Akteure?

"... dann liebe ich es"

Aus den E-Mails zwischen Trump Junior und Rob Goldstone, der das Treffen arrangiert hat, geht hervor, dass die "russische Regierungsanwältin" Natalia Weselnizkaja negative Informationen über Clinton, die "für deinen Vater sehr nützlich wären", besitze. Die Informationen würden aus dem Büro des russischen Generalstaatsanwalts Juri Tschaika stammen, eines Putin-Vertrauten, und seien als "Teil der Unterstützung Russlands und seiner Regierung für Mr Trump" zu verstehen. Trump Junior freute sich offenbar, denn er schrieb: "Wenn's so ist, wie du sagst, dann liebe ich es."

Russland-Affäre: Bringt der Sohn den Vater zu Fall?
A picture taken on November 8, 2016 shows Russian lawyer Natalia Veselnitskaya posing during an interview in Moscow. The bombshell revelation that President Donald Trump's oldest son Don Jr. met with a Kremlin-tied Russian lawyer hawking damaging material on Hillary Clinton has taken suspicions of election collusion with Moscow to a new level. / AFP PHOTO / Kommersant Photo / Yury MARTYANOV / Russia OUT

Natalia Weselnizkaja hat 1998 die Staatliche Juristische Kutafin-Universität in Moskau abgeschlossen. Ihre Kanzlei sitzt in einem wenig prestigeträchtigen Bürohochhaus am Moskauer Autobahnring. Sie vertrat unter anderem einen dubiosen russischen Geschäftsmann, der in den USA unter Geldwäscheanklage stand. Das Verfahren wurde eingestellt. Laut New York Times ist die russische Anwältin bekannt für ihre Versuche, Sanktionen gegen Russen aufzuweichen, die gegen Menschenrechte verstoßen haben. Zu ihren Mandanten gehören demnach auch staatliche Unternehmen.

Rob Goldstone ist ein britischer Musikpublizist. Einer der Klienten Goldstones ist der in Aserbaidschan geborene Emin Ağalarov, Russlands bekanntester Popstar und ein langjähriger Freund der Trumps. Dieser habe auch angeregt, den Kontakt zwischen der russischen Anwältin und Trump Junior herzustellen. So steht es in der ersten E-Mail von Goldstone.

Russland-Affäre: Bringt der Sohn den Vater zu Fall?
Publicist Rob Goldstone attends the Miss Universe 2013 pageant at the Crocus City Hall in Moscow, Russia November 5, 2013. Picture taken November 5, 2013. REUTERS/Kommersant Photo/Irina Buzhor FOR EDITORIAL USE ONLY. NO RESALES. NO ARCHIVES. RUSSIA OUT. NO COMMERCIAL OR EDITORIAL SALES IN RUSSIA.

Der britische Guardian schreibt über den Musikproduzenten, dass Goldstone jahrelang zwischen den USA und Russland hin und her gependelt sei. Seit Frühling 2013 sei er zumindest 19 Mal in Russland gewesen. In einem Posting bezeichnet er Moskau als seine zweite Heimat, wo er sich auch zehn Tage vor dem Treffen mit der Anwältin aufgehalten hat. Am Tag des Meetings hatte Goldstone öffentlich auf Facebook gepostet, dass er soeben in den Trump Tower eingecheckt ist.

Trump: Habe nichts davon gewusst

Aber was war das Motiv hinter der ganzen Sache? Wollte die Anwältin die Trump Junior ködern, um Trump Senior zu erpressen? Welche Rolle spielt Goldstone? Was wollte der junge Trump mit den Gesprächen erreichen? Verstößt es gegen Wahlkampfgesetze?

Selbst wenn Gesetzesverstöße konstatiert werden, dürfte es schwierig sein, einen Präsidenten vor Gericht anzuklagen. Das wäre vielmehr ein politischer Schritt, durchführbar vom Kongress. Dazu wiederum bedarf es einer Mehrheit der Republikaner, und die stützen Trump noch den Rücken.

https://twitter.com/realDonaldTrump/status/885081181980590084
Donald J. Trump (@realDonaldTrump

Und der US-Präsident behauptet ohnehin, dass er weder vom Treffen noch vom E-Mail-Verkehr gewusst hat. Auf Twitter schrieb er erneut: "Das ist die größte Hexenjagd in der politischen Geschichte. Traurig!"

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