Es waren vor allem Medien-, Öl- und Bankgeschäfte, mit denen der heute 60-Jährige zu seinem Vermögen gekommen ist. Er ist Mitbegründer der PrivatBank, die 2016 – damals noch unter Selenskijs Vorgänger Petro Poroschenko – verstaatlicht wurde, weil Aufsichtsbehörden fehlende Vermögenswerte in Milliardenhöhe entdeckt hatten.
2021 setzten die USA Kolomojskij auf eine Sanktionsliste, warfen ihm Korruption und Demokratiefeindlichkeit vor. Und vergangenes Jahr wurden dann auch seine Beteiligungen an halbstaatlichen Erdöl- und Erdgasunternehmen beschlagnahmt. Die Rede war von einer „Unterschlagung von Erdölprodukten“ im Wert von 930 Millionen Euro.
Bei den aktuellen Vorwürfen geht es um kriminelle Machenschaften, darunter Betrug. Der Geschäftsmann soll zwischen 2013 und 2020 mehr als eine halbe Milliarde Hrywnja (12,5 Mio. Euro) ins Ausland geschafft haben.
Unterstützer im Präsidentschaftswahlkampf
Kolomojskijs Verbindung zu Selenskij geht bis in die Zeiten zurück, in denen dieser noch Komiker war. Damals gehörte ihm jener einflussreiche Sender, in dem Selenskij in der Sendung „Diener des Volkes“ auftrat und im ganzen Land berühmt wurde. Und als dieser in den Präsidentschaftswahlkampf zog, unterstützte Kolomojskij ihn, unter anderem indem er in seinen Medien für ihn warb.
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Das wiederum führte dazu, dass einige Beobachter Selenskij anfangs als einen „Kandidaten Kolomojskijs“ sahen und befürchteten, der Oligarch sei der eigentliche Wahlsieger gewesen.
Mit Kolomojskijs Festnahme möchte Selenskij wohl einerseits zeigen, dass er von ihm konkret unabhängig ist. In Wahrheit geht es dem Präsidenten aber um ein ganzes System, von dem Selenskij sich lossagen will – wie er öffentlich auch gerne betont. Ein System, das von Oligarchen gelenkt und dessen großes Problem die Korruption ist: Die Ukraine ist fast das korrupteste Land Europas, laut einem Ranking von Transparency International aus 2022. Noch korrupter ist demnach nur Russland.
Der ukrainische Kampf gegen die Korruption
Bereits im September 2021 beschloss das ukrainische Parlament ein Gesetz, mit dem der politische und wirtschaftliche Einfluss der mächtigen Oligarchen begrenzt werden sollte. Mit einem Oligarchenregister sollte es den Superreichen erschwert werden, weiterhin Parteien zu unterstützen und an Privatisierungen teilzunehmen. Zudem sollten sie ihre Vermögenswerte offenlegen müssen.
Damals wurde an dem Gesetz kritisiert, dass es statt den Oligarchen den Präsidenten mächtiger machen könnte. Bisher handelt es sich dabei aber vor allem um ein leeres Versprechen: Niemand wurde in das Register aufgenommen.
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Trotzdem bildet die Korruptionsbekämpfung einen Schwerpunkt von Selenskijs Regierung, seit der russischen Invasion mehr denn je. Erst kürzlich deckte die ukrainische Staatsanwaltschaft zum Beispiel bei einer groß angelegten Razzia in über 200 Rekrutierungsbüros Korruptionsdelikte auf.
Den Fall Kolomojskij nahm Selenskij ebenfalls zum Anlass, zu betonen: „Rechtsstaatlichkeit muss obsiegen.“ Worte wie diese dürften sich vor allem an die EU richten, die als Aufnahmekriterium eine funktionierende Korruptionsbekämpfung verlangt.
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