„Folge dem Geld“ scheint die neue Devise der israelischen Luftstreitkräfte zu sein, wenn sie ihre Angriffsziele im Libanon festlegt. Im letzten Kriegsjahr warnte sie die libanesische Zivilbevölkerung, die Umgebung der von Angriffen bedrohten Unterkünfte, Raketenstellungen und Führungsbunker der militanten Schiitenmiliz Hisbollah zu räumen. In dieser Woche wurden auch Anrainer von Filialen der AKAH-Bank zur Selbstevakuierung aufgefordert. In den letzten Monaten wurde so fast die gesamte Hisbollah-Führung durch Attentate getötet. Jetzt sollen die Geldhähne der militanten Schiitenmiliz zugebombt werden.
500 Millionen Dollar
Mit auf der Liste steht auch das Al-Sachal-Hospital im Zentrum Beiruts. Israels Armeesprecher betonte ausdrücklich: „Wir haben das Krankenhaus nicht bombardiert.“ Doch präsentierte er ein animiertes Video, das die unterirdischen Einrichtungen des Hospitals nach genauen Bauplänen und Inhaltslisten zeigt: Ein Zugang befindet sich in der Daramstraße 7 in Beirut, ein zweiter in der Parallelstraße. Dagobert Duck könnte neidisch werden: In den Kellern sollen über 500 Millionen Devisen in bar und eine große Anzahl Goldbarren gebunkert sein. Neben einem Notbunker für die Hisbollah-Führung.
Der Direktor des Krankenhauses dementiert entschieden. Am Dienstag organisierte er eine Presstour für Journalisten, um zu zeigen, dass sich in den Kellern kein Gold befände. Dennoch dürfte der Clip doch nicht als Design-Beurteilung, sondern als Räumungswarnung Israels gemeint sein.
"Terror-Bank"
Auch die Kard-al-Hassan-Bank (AKAH) wird die Vorwürfe zurückweisen, sie organisiere Terrorgelder der Schiitenmiliz unter dem Deckmantel einer Finanzeinrichtung zur Wohlfahrt der Schiiten im Libanon. „Milde Gabe“ heißt ihr Name übersetzt. In ihren Filialen werden zinslose Kredite an Notleidende gewährt. Ganz nach Vorschrift des Koran. Doch selbst im frommen Saudi-Arabien wird die Bank heute als „terroristische Einrichtung“ definiert.
Die Hisbollah braucht und hat Geld. Auf 700 Millionen Dollar im Jahr werden ihre Ausgaben geschätzt. Wovon ihre Paten in Teheran nur die Hälfte spenden. Die andere Hälfte muss die Hisbollah selbst aufbringen. Was sie bislang auch schaffte. Vor allem durch Auslandsgeschäfte. Soll heißen: Mit Drogenhandel und der damit zusammenhängenden Geldwäsche, nicht zuletzt auch in der EU. Damit zusammen hängen dann auch Waffenschiebereien. Für die eigene Miliz, aber auch für Drogenkartelle in Südamerika, mit denen die Schiitenmiliz vertraglich geregelte Bündnisse eingegangen ist.
Die weltweiten Geldströme in die Daramstraße 7 nach Beirut zu leiten, war über Jahre kein allzu großes Problem. AKAH war eine weltweit anerkannte Bank. Das Augenmerk der internationalen Finanzkontrolle wandte sich auffälligeren Terrorgruppen zu wie Al-Qaida und dem Islamischen Staat. Was gänzlich unbeobachtet fließen musste, kam über "Hawala": Eingezahlt an reiche Libanesen irgendwo auf der Welt, wird das Geld ohne Papiere auf Treu und Glauben von deren Verwandten in Beirut wieder ausgezahlt. Wer sich weigert oder dabei trickst, lebt nicht lange.
„Einheit 4400“
Auch in Israel standen die Finanzen der Hisbollah lange nicht ganz oben auf der Dringlichkeitsliste. Was sich geändert hat: Anfang Oktober kam es zu einer Explosion neben Muchammad Dschafr Kssir, dem „Finanzminister“ der Hisbollah. Am Montag wurde auch sein namentlich noch unbekannter Nachfolger getötet. Die ihnen unterstehende „Einheit 4400“ jongliert seit Jahren mit den Hisbollah-Geldern.
In Beirut zeigt sich in den letzten Jahren beispielhaft, wie ein vormals blühender Mittelstand in kurzer Zeit verarmen kann. Im Libanon geht heute nichts mehr ohne Bargeld. Auch in staatlichen Krankenhäusern und Supermärkten. Chaos herrscht, hervorgerufen vor allem durch den sabotierenden Einfluss der Schiitenmiliz.
Die aber leistet sich ihre eigenen Krankenhäuser, Schulen und Supermärkte. Vor allem aber eine Privatarmee, die stärker ist als das libanesische Heer. Widerstand und Kritiker werden gewaltsam aus dem Weg geräumt. Israels Armeesprecher brachte es auf den Punkt: „Das Geld in den Krankenhaus-Kellern hätte auch in die Sanierung der libanesischen Wirtschaft fließen können. Stattdessen floss es in die Finanzierung von Raketen.“
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