Aus Syrien in den Rest der Welt
Außerhalb des Libanons gilt Lateinamerika als einer der wichtigsten strategischen Stützpunkte der Hisbollah. Die Miliz hat über Jahrzehnte ein globales Netzwerk von organisierter Kriminalität, Unternehmern und Unterstützern aufgebaut, um ihren Kampf gegen Israel und ihre politische Arbeit zu finanzieren. Sie kontrolliert etwa den Handel mit synthetischen Amphetaminen, die in Syrien produziert und im Nahen Osten und Europa verkauft werden und die Geschäfte mit Cannabis aus dem Libanon in Europa. Die Hisbollah hat laut Experten auch die libanesischen Zollbehörden unterwandert. In Lateinamerika ist sie seit Jahrzehnten ein wichtiger Player im Drogen- und Waffenhandel sowie in der Geldwäsche. Diese Strategie macht die Miliz ein Stück weit unabhängiger vom Geldgeber Iran.
Zwar hat Israel in den vergangenen Wochen nahezu die gesamte oberste militärische Kommandostruktur der Hisbollah ausgeschaltet. Aber ihre internationalem Geldmaschine läuft weiter. Während Hisbollah in den USA, Großbritannien und auch in Deutschland als Terrororganisation eingestuft ist, hat sie in Lateinamerika in vielen Ländern viel freiere Hand. So unterhält der Iran enge Kontakte zu den die Linksdiktaturen Venezuela, Nicaragua und Kuba und baut über diese Schiene seinen finanziellen und politischen Einflussbereich im Globalen Süden aus. Die Hisbollah profitiert und befeuert die grundsätzlich israelkritische Haltung vieler Regierungen auf dem südamerikanischen Kontinent.
Zusammenarbeit mit Drogenkartellen
"Der Hisbollah ist gelungen, in die Welt des grenzüberschreitenden organisierten Verbrechens einzudringen“, sagt Joseph Humire, Direktor des "Center for a Secure Free Society", im Gespräch. Viele Kartelle und verschiedene kriminelle Gruppen in Lateinamerika würden inzwischen mit der Hisbollah eng zusammenarbeiten. Dazu zählen die ELN-Guerilla in Kolumbien, Drogenkartelle in Medellín, Bolivien oder Brasilien, so Humire.
In den vier linksautoritär regierten Ländern Kuba, Nicaragua, Venezuela und Bolivien könne die Hisbollah nahezu ungestört operieren und planen. Traditionell unterhalten die sozialistischen Regierungen enge Kontakte auch mit der islamistischen Hamas.
"Venezuela ist ein ganz spezieller Fall: Es gibt dort viele Hisbollah-Agenten, weil das venezolanische Regime ihre Präsenz erleichtert", sagt Robert Evan Ellis, Professor für Lateinamerika-Studien. Venezuela habe die eigene Fluglinie Conviasa genutzt, um Hisbollah-Vertreter aus dem Iran ungestört einfliegen zu lassen.
Einnahmen aus Kohleabbau
Aktiv involviert ist Hisbollah nach Einschätzung von Joseph Humire zum Beispiel an den Einnahmen aus dem Kohlebergbau in Kolumbien, der Goldindustrie in Venezuela, aber auch in Peru, Bolivien und Brasilien.
Tareck El Aissami galt lange als wichtigster Mann der Hisbollah in Lateinamerika. Sein Großonkel Shibli El Aissami arbeitete einst eng mit dem Regime von Saddam Hussein im Irak zusammen. Erst unter Revolutionsführer Hugo Chavez und später unter dessen Nachfolger Nicolas Maduro übte er hohe Funktionen aus, zuletzt war er im ölreichsten Land der Welt Ölminister. Ermittlungen der US-Behörden führten zu Tage, dass El Aissami Kokaintransporte aus Kolumbien über Venezuela nach Mexiko und dann schließlich in die USA organisiert haben soll.
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