Warum Amerikas Kraftakt fürs Klima Europa bitter aufstößt
„Ich werde meine Handelspolitik beibehalten, bis keine Mercedes-Modelle mehr auf der Fifth Avenue rollen“, soll Ex-US-Präsident Donald Trump einst in Richtung deutsche Autobauer gegrollt haben. Den jüngsten Gesetzesakt, der Europas Autoindustrie auch schwere Schläge versetzen dürfte, hat zwar Trumps Nachfolger Joe Biden verabschiedet.
Doch der „Inflation Reduction Act“ (Inflationssenkungsgesetz) schlägt in dieselbe Kerbe wie einst Trumps „America-First“-Politik.
Ärger in Kauf genommen
Einerseits soll die Vormachtstellung der USA als weltgrößter Energieversorger erhalten bleiben – andererseits wird die heimische Produktion bevorzugt und subventioniert. Der Ärger von US-Verbündeten wie Europa, Südkorea oder Japan wird dafür in Kauf genommen.
Worum geht es? Hinter dem Ende August verabschiedeten Gesetz versteckt sich das historisch größte Klimaschutzprogramm der USA: Knapp 400 Milliarden Dollar sind dafür vorgesehen.
Doch die industriepolitische Großoffensive verunsichert Europa. „Mit diesen Subventionen werden Unternehmen aus Europa in die USA gelockt“, warnte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck. Zwar sei es ein gutes Zeichen, so Habeck, dass die USA den Klimawandel nun mit einem starken Paket bekämpfen, „aber dieses Paket darf die fairen Wettbewerbsbedingungen zwischen den USA und der EU nicht zerstören.“
Tesla überlegt
Die ersten Folgen sind bereits im Tesla-Werk im deutschen Brandenburg zu spüren. Dort wollte der E-Autobauer eigentlich sein Werk zur weltgrößten Batteriefabrik machen. Doch jetzt liegen die Pläne auf Eis. Zigtausende erhoffte Arbeitsplätze hängen in der Luft. Das Unternehmen erwägt die Produktion nun doch in die USA zu verlagern. Denn künftig werden laut Inflationssenkungsgesetz Elektroautos nur dann mit maximal 7.500 Dollar Steuernachlass gefördert, wenn deren Batterien überwiegend in den Vereinigten Staaten gefertigt werden. Zudem müssen die Elektroautos in den USA hergestellt sein.
Das schließt alle aus Europa importierten E-Autos von Förderungen und Steuererleichterungen aus – gegenüber in den USA produzierten Fahrzeugen wären sie chancenlos, weil viel zu teuer.
„Die Amerikaner eröffnen faktisch ein Subventionsrennen und diskriminieren womöglich europäische Anbieter“, warnt auch EU-Industriekommissar Thierry Breton in einem Interview mit dem Handelsblatt. Dabei gehe es nicht nur um die Autoindustrie und die Batteriefertigung, sondern auch um Wind- und Solarkraft.
EU kann nicht mithalten
Auch im Bereich Wasserstoff gleicht die neue US-Linie einer Kampfansage. Mit massiven Förderungen soll der Preis für einen Kilogramm erneuerbaren Wasserstoff bis 2030 auf einen Dollar gesenkt werden. In Europa dürfte dieselbe Menge dann noch immer das Vierfache kosten. Die Botschaft lautet also: Die USA streben auch hier die internationale Technologieführerschaft an. In einem Subventionswettlauf, bei dem die EU nicht mithalten kann.
Macron-Vorstoß
Europas 27 Finanzminister werden am Dienstag in Brüssel erstmals darüber beraten, wie dieser neuerlich drohende Handelskrieg mit den USA entschärft werden könnte. Denkbar wären Ausnahmeregelungen für europäische Produkte. Möglich wäre auch eine Klage der EU vor der Welthandelsorganisation. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wiederum fordert ein „Kauft-Europäisch“-Gesetz für europäische Autobauer. Macron: „China schützt seine Industrie, die USA schützen ihre, und nur Europa ist ein offenes Haus.“
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