Geheimdienstinformationen: Wie viel USA im ukrainischen Kampf steckt
"US-Geheimdienste helfen der Ukraine dabei, russische Generäle zu töten." Die Headline des New York Times-Artikels hatte es in sich. Auffällig viele Tötungen von Top-Militärs waren in den vergangenen Wochen gemeldet worden. Bis dato sollen mindestens zwölf russische Generäle in der Ukraine gefallen sein.
"Man darf sich das nicht so vorstellen wie gezielte Tötungsoperationen im Stile von jener gegen El-Kaida-Chef Osama bin Laden", sagt Militäranalyst Franz-Stefan Gady zum KURIER.
"Das würde ein falsches Bild vermitteln." Auch US-Sicherheitssprecherin Adrienne Watson betonte, dass Nachrichtendienste Informationen nicht "mit der Intention teilen, russische Generäle zu töten".
Der Grund, warum hochrangige Militärs aus Russland in der Ukraine verhältnismäßig oft unter Beschuss kommen, liegt laut Gady in der russischen Kampflogik: "Russland hat ein unterentwickeltes Unteroffizierscorps." Offiziere befänden sich verhältnismäßig oft an Frontposten, weil zu wenig delegiert werde.
Dass es eine Kooperation zwischen USA und Ukraine gibt, sei nicht überraschend, so Gady. Das Pentagon bestätigte diese am Donnerstag. Darüber, welche Tiefe diese habe, seien aber keine Details bekannt. Man vermute aber, dass westliche Staaten – insbesondere die USA – Echtzeitinformation über Gefechtsposten und Kommandozentralen bereitstellen – auch schon vor der russischen Invasion am 24. Februar.
Etwa warnten US-Dienste vor einem bevorstehenden Angriff auf den Hostomel Flughafen nahe Kiew. Weil sich die ukrainische Armee aber darauf vorbereitet hatte, konnten die Russen das wichtige Flugfeld nicht halten - und mussten wieder abziehen.
"Zeugt von Arroganz"
Die Informationen werden vor allem über NATO-Aufklärungsflüge (außerhalb des ukrainischen Luftraums) gesammelt. Außerdem werde Satellitenaufklärung benutzt sowie Aufklärung im Cyberraum, das betrifft etwa Handys oder elektronische Signaturen, die von Funkgeräten ausgestrahlt werden. "Es ist nicht schwer, jemanden zu lokalisieren, der im freien Feld am Telefon spricht", wird Frederick B. Hodges, ehemaliger US-Kommandant und Militärexperte (CEPA) von der New York Times zitiert. Dass russische Generäle über unsichere Handys und Funkgeräte kommuniziert haben, zeuge von "schlechter Disziplin, Erfahrungsmangel und Arroganz".
Man kann davon ausgehen, dass das langsame Fortschreiten der russischen Armee in der Ukraine auf westliche Geheimdienstinformationen zurückzuführen sei. "Vor allem in der Anfangsphase von militärischen Kampagnen gilt das Prinzip der Informationsüberlegenheit", erklärt Gady. Wer mehr Information über den Gegner habe, könne diese Ziele schneller angreifen.
Eskalationspotenzial
US-Präsident Joe Biden hat beim Kongress kürzlich eine Militärhilfe von 33 Milliarden Dollar beantragt. Deshalb müsse "die Frage berücksichtigt werden, ob eine Eskalation Teil des US-Plans ist", gibt der US-Historiker Adam Tooze im Guardian zu bedenken. Auch Gady sieht Eskalationspotenzial, schätzt es aber als "gering" ein. "Das wurde mit Sicherheit im Vorhinein abgewogen."
US-Truppen in der Ukraine stehen für Washington ebenso außer Frage wie eine No-Fly-Zone. Beobachter sehen in dem Bekanntwerden der Kooperation eher die Warnung an Russland, dass die Ukraine das Gewicht der USA und NATO hinter sich habe.
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