Nach dem Aufstehen hebt Biden Gewichte, arbeitet mit einem Personal-Trainer und steigt auf seinem Heimtrainer in die Pedale. Dabei schaut er auf CNN oder MSNBC, die „Freunde von Fox News“ können ihm gestohlen bleiben, politisches Frühstücksfernsehen. Titel einer Sendung mit leichtem Linksdrall: „Morning Joe“.
Nach dem Duschen wirft Biden einen Blick ins „Bulletin“, eine für ihn kompilierte Sammlung der wichtigsten Medien-Beiträge des Tages mit einem Extra: Biden will auch wissen, was seine Heimatzeitung, das News Journal in Wilmington/Delaware, auf Seite eins hat.
Nach dem kurzen Spaziergang aus seiner Residenz im Weißen Haus Richtung Oval Office, manchmal begleitet von seinen Schäferhunden „Champ“ und „Major“, und ersten Telefonaten steht die gebündelte Unterrichtung der Geheimdienste über den Status der weltweiten Hotspots an. Beim „Daily Brief“ ist Vizepräsidentin Kamala Harris dabei. Biden konferiert wöchentlich mit Verteidigungsminister Lloyd Austin und Außenminister Anthony Blinken. Auch Generalstabschef Mark Milley wird regelmäßig konsultiert.
Einmal pro Woche isst der Chef mit Vizepräsidentin Harris zu Mittag. Unter den engsten Vertrauten ragt Mike Donilon heraus. Seit Jahrzehnten an der Seite des Präsidenten, hat der grauhaarige Anfang-60er die Rolle des „Alter Ego“ übernommen. „Mike, was denkst Du?“, ist eine tausendfach gehörte Frage von Biden. Mit der Formulierung: „Ich stimme Mike zu“, beschließt Biden nicht selten politische Diskussionen.
Biden will immer alle Details wissen, lässt sich meist lange Zeit mit einem Ja oder Nein. Der jovial und dezent nach außen auftretende Politiker hat wenig Geduld mit Mitarbeitern, die a) in Abkürzungen und Washingtoner Polit-Singsang reden und b) nicht zügig zur Sache kommen , wenn der für Detailverliebtheit bekannte Präsident sie mit Fragen löchert.
Suppe und Salat mit Hühnchen ist Bidens Standard-Lunch. Dazu wird das Fitnessgetränk Gatorade (Geschmacksnote Orange) oder Cola Zero getrunken. Bidens süßer Zahn, er hat eine Vorliebe für Schokoladen-Eiscreme, wird im Dienst selten gestreichelt. Dafür genehmigt sich der Präsident ab und an Schoko-Plätzchen und Salzwasser-Toffees von „Dolle“, einem bekannten Bonbon-Laden in Rehoboth Beach/Delaware, wo die Bidens ein Strandhaus besitzen. Ist der Präsident zur Essenszeit unterwegs, begleitet ihn eine Lunch-Box mit Erdnuss-Butterbrot, Energie-Riegel und Gatorade.
Für gewöhnlich kehrt der Präsident dann in seine Residenz zum Abendessen mit First Lady Jill Biden zurück. Biden ist ein Fan von Nudeln mit roter Sauce, die Gattin bevorzugt gegrillten Fisch oder Huhn. Biden meidet Alkohol, während seine Frau eine Weinkennerin ist.
Gespräche und Telefonate mit Vertrauten und Familien-Mitgliedern leiten den Abend ein, der lang werden kann. Wie Barack Obama, dem er einst als Vize diente, nimmt Biden Briefe von Bürgern mit in seine Privaträume. Biden lässt von Fall zu Fall Telefonate oder persönliche Begegnungen arrangieren. Dahinter steht sein Verlangen nach Kontakten außerhalb der Polit-Blase. Erfährt er von Geburtstagen der Angehörigen wichtiger Mitarbeiter, geht er oft selbst ans Telefon, um zu gratulieren. Im Krankheits- oder Todesfall übernimmt Biden die Tröster-Rolle – und verweist dabei auf seine eigene Leidenserfahrung: den Unfalltod seiner ersten Ehefrau Neilia und der gemeinsamen Tochter Naomi 1972.
Dass Biden Familien- und (katholischer) Kirchen-Mensch ist, dokumentieren nicht nur seine regelmäßigen Wochenendreisen nach Wilmington inklusive Gottesdienst-Besuchen. Der Präsident lässt so gut wie nie einen Telefonanruf seiner vier ältesten Enkelinnen auf dem Anrufbeantworter landen. „Pop“ (US-Kurzform für Großvater) nimmt selbst in wichtigen Sitzungen das Gespräch an, berichtet der Senator und Vertraute Chris Coons. Nicht ganz uneigennützig: Die jungen Damen sind sein Bindeglied zur jungen Generation samt Pop-Kultur und Technik-Gimmicks.
Vor dem Schlafengehen ruft Joe Biden jeden Tag seinen Sohn Hunter (50) an. Hebt der nicht ab, folgt eine Textnachricht.
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