Merkel-Biograf: "Sie sieht sich nicht als Mutti der Nation"

Merkel-Biograf: "Sie sieht sich nicht als Mutti der Nation"
Robin Alexander, Vize-Chefredakteur der „Welt“, über die deutsche Kanzlerin und sein neues Buch über sie.

Er saß im Regierungsflieger auf dem Weg zu Donald Trump, bei unzähligen Hintergrundgesprächen im Kanzleramt und hat Angela Merkel als Reporter von den entscheidenden Stunden in der Flüchtlingskrise bis zum Kampf gegen die Pandemie begleitet. Robin Alexander, stv. Chefredakteur der deutschen Welt und beliebter Gast in Deutschlands politischen TV-Talkrunden, hat sein neues Buch den späten Jahren von Merkels Kanzlerschaft gewidmet. Der KURIER sprach mit ihm.

KURIER: Ihr Buch heißt „Machtverfall“. Wie geht Angela Merkel grundsätzlich mit Macht um?

Robin Alexander: Natürlich übt sie bewusst Macht aus, das ist ja der Inbegriff des Jobs, aber sie zelebriert diese Machtausübung nicht wie andere Politiker. Sie kleidet ihr Handeln immer in Sachzwänge. Ihre Arbeit beruht auf dem Prinzip einer arbeitsteiligen Gesellschaft auf hohem Niveau. Sie sieht sich nicht als Mutti der Nation, sondern als jemand, der möglichst qualifizierte Sachentscheidungen trifft. Darum ist sie ja auch eine Perfektionistin in der Vorbereitung. Sie hat sich ja etwa auf das Treffen mit Trump vorbereitet, wie ein Spitzenfußballer auf seine Gegner, quasi per Videoanalyse.

Wo steht Merkel politisch, was sind ihre tiefen Überzeugungen?

Für viele Konservative in der CDU gilt sie ja eher als Linksliberale, aber sie hat grundsätzlich eine hohe Flexibilität, was politische Positionen betrifft. Obwohl sie so lange den Standpunkt der strengen Sparpolitik und Budgetdisziplin vertreten hat, war sie jetzt in der Corona-Krise bereit, in der EU die Milliarden über den Tisch gehen zu lassen.

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