In "Steingarts Morning Briefing" beschreibt der Autor, wie sich die frühere CDU-Chefin auf ihre erste Begegnung mit Donald Trump im März 2017 vorbereitete, den sie für "ein Unglück" hielt.
"Merkel ist immer detailliert vorbereitet, aber das habe ich noch nie erlebt", sagt Alexander im Podcast. "Merkel hatte alles lesen lassen, was je über Trump geschrieben wurde oder von Trump geschrieben wurde. Das ist exzerpiert worden für sie."
Die Kanzlerin habe sich zudem Folgen von "The Apprentice" angesehen, der früheren Reality-Show von Trump, habe dessen Pressekonferenzen verfolgt und sogar ein Playboy-Interview aus dem Jahr 1990 mit dem damaligen Immobilien-Tycoon gelesen.
"Auf Fouls vorbereitet"
"Beim Fußball würde man sagen, sie hat eine Videoanalyse gemacht", sagt Alexander. "Sie hat sich den Gegner richtig ausgeguckt und sich gezielt Gegenstrategien überlegt. Sie war auch auf Fouls vorbereitet."
Als Beispiel für ein solches "Foul" nennt Alexander eine Begebenheit beim Besuch der damaligen britischen Premierministerin Theresa May im Jänner 2017 in Washington. Bei einem Spaziergang im Rosengarten des Weißen Hauses nahm Trump kurz Mays Hand und tätschelte sie, wie in diesem Video zu sehen ist:
"Merkel hat sich Strategien überlegt, wie sie eine solche Berührung, die sie als Erniedrigung empfunden hätte, vermeiden kann", sagt Alexander. "Sie hat sogar in London angerufen und mit Theresa May gesprochen."
Merkel und Trump seien nie warm miteinander geworden. "Merkel hat versucht, viele Brücken zu schlagen", sagt Alexander. Bei ihrem erstem Besuch habe sie beispielsweise viele Firmenchefs mitgenommen, weil sie dachte, dass Trump das gefalle. Und sie habe auch die Nähe zu Trumps Tochter Ivanka zugelassen, "die ja gar nicht ihre Augenhöhe ist".
Von Obama ermuntert
Hätte die Demokratin Hillary Clinton 2016 die US-Präsidentenwahl gewonnen, wäre Angela Merkel heute nicht mehr Kanzlerin, ist Alexander überzeugt.
Nach Trumps Wahl hatte Merkel bekanntlich entschieden, doch noch einmal bei Bundestagswahlen zu kandidieren. Sie habe den Westen in Gefahr gesehen und die internationale Politik nicht Trump überlassen wollen, sagt Robin Alexander. Dazu sei sie von dessen Vorgänger Barack Obama ermuntert worden.
Bei einem Essen im Hotel Adlon habe Obama Merkel unter vier Augen gesagt, sie müsse noch einmal kandidieren. Er habe die Worte "Wir brauchen dich" benutzt.
Insider-Infos wie diese hat Alexander nach eigenen Angaben aus Obamas engstem Kreis. So habe etwa dessen früherer Redenschreiber Ben Rhodes in seinen Erinnerungen berichtet, was Obama ihm von dem Vier-Augen-Gespräch mit Merkel erzählt habe: "Da gibt es zum Beispiel die schöne Szene, als Obama ins Auto steigt", erzählt Alexander. Dabei habe Obama eine Träne im Auge der Kanzlerin gesehen.
Merkel, die ihre Emotionen meist verbirgt, habe in der letzten Phase ihrer Kanzlerschaft tatsächlich zunehmend Gefühl gezeigt, so Alexander.
Der Autor verweist auf ihre mittlerweile legendäre Rede vergangenen Dezember im Bundestag, bei der sie die Deutschen beschwor, sich doch an die Corona-Maßnahmen zu halten: "Man dachte, wenn sie noch 30 Sekunden weiterspricht, dann weint sie tatsächlich."
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