Nun ermittelt die Polizei – gegen die verantwortliche Amtsperson, nicht gegen Marin selbst.
Die 35-Jährige hat jedoch den politischen Schaden, bei einem vergleichsweise geringen Betrag. Denn in Finnland, das „Transparency International“ im Vorjahr in Sachen Korruption auf den weltweit drittbesten Platz reihte, gibt es bei diesem Thema kein Laissez-Fair.
„Sanna Marin hat einen schlimmen Riss in ihrer Teflonschicht und ist sich keiner Schuld bewusst“, bloggte die rechte Partei der „Wahren Finnen“ hämisch, die sich wie Marins Sozialdemokraten als Anwalt der kleinen Leute sieht.
Marin, Mutter einer Tochter, wurde lange gehypt, auch im Ausland: Ende 2019 trat sie mit 34 Jahren als damals jüngste Regierungschefin in Europa an, um mit der Korruption aufzuräumen und den Traum von der Chancengleichheit zu verwirklichen. „Schluss mit der Saunapolitik!“, sagte sie und meinte damit zweierlei.
Erstens sollten keine Deals mehr in einem geschlossenen Kreis wie der in Finnland so beliebten Sauna abgeschlossen werden. Zweitens war die Aussage eine Anspielung auf die „Männerpolitik“ des langjährigen Präsidenten Urho Kekkonen, der politische Verhandlungen in der Sauna führte, bis die weiblichen Abgeordneten protestierten.
Kluge Pandemiepolitik
Für Marin spricht zudem die kluge Pandemiepolitik, durch die Finnland mit seinen 5,5 Millionen Einwohnern und der europaweit am meisten überalterten Gesellschaft nur 959 Covid-19-Tote zu beklagen hat. Doch dies steht aktuell im Hintergrund.
Marin muss sich stattdessen per Twitter gegen Vorhaltungen verteidigen, im August 2020 auf Staatskosten geheiratet zu haben.
Auch wird in sozialen Medien über die Kosten für Grundnahrungsmittel gesprochen, die etwa alleinerziehende Mütter allein stemmen müssten. Marin versprach nun, die Regelung für Essenszulagen für Regierungsmitglieder überprüfen zu lassen. Die Gesetzeslage sei unklar.
Marin hatte durchaus schon zuvor Feinde, so wurde etwa ihr Kleidungsstil bemängelt. Auch haben sie und ihre Ministerinnen im Land der Gleichberechtigung mit zunehmender Frauenfeindlichkeit zu kämpfen.
Nicht alle Bewohner des ursprünglich von Forstwirtschaft lebenden und eher konservativen Landes wollen oder können mit dem voranschreitenden Wandel mithalten.
Rechte hoffen auf Zugewinne
Schon im März überrundeten die „Wahren Finnen“ in Umfragen die Sozialdemokraten, die mit vier weiteren Parteien eine Mitte-links-Regierung bilden. Die Rechten unter Jussi Halla-aho hoffen nun auf Erfolge bei den Kommunalwahlen am 13. Juni.
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