"Fand die Kritik an Ratzinger unfair"

"Fand die Kritik an Ratzinger unfair"
Der Psychotherapeut und Theologe Manfred Lütz über den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche, den emeritierten Papst Benedikt und den deutschen Reformprozess des „Synodalen Weges“.

KURIER: Die deutsche Kirche befindet sich mitten in einem – stark polarisierenden – Reformprozess, genannt „Synodaler Weg“. Und dann platzt da noch ein Missbrauchsgutachten hinein, welches unter anderem den emeritierten Papst Benedikt belastet …

Manfred Lütz: Atmosphärisch hat das für die katholische Kirche in Deutschland natürlich katastrophale Auswirkungen. Viele Menschen verlieren die Geduld, wollen sich nicht länger gegenüber ihrem Umfeld als Katholiken rechtfertigen müssen und treten aus der Kirche aus. Die Deutsche Bischofskonferenz hat seit zwölf Jahren eine Form der Aufarbeitung des Missbrauchs gewählt, die gescheitert ist. Ich bin von Anfang an für eine staatliche, wirklich unabhängige Aufarbeitung eingetreten, wie man das in Österreich vorbildlich gemacht hat. Bei uns in Deutschland hat die bisherige Aufarbeitung faktisch zu nichts geführt. Es gibt keinen einzigen Verantwortlichen, der Konsequenzen gezogen hat und zurückgetreten ist. Keinen einzigen! Und die Betroffenen haben immer noch den Eindruck, dass sie nicht hinreichend entschädigt werden.

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