EU-weit: Online-Datenaustausch soll „Zeit, Geld und Nerven sparen“

EU-weit: Online-Datenaustausch soll „Zeit, Geld und Nerven sparen“
Von Krankengeld bis Pensionen: Die Zusammenarbeit von Sozialversicherungen soll EU-weit einfacher und besser werden.

Wer sich beim Urlaub im europäischen Ausland verletzt oder von dort Pensionsansprüche geltend machen will, der kennt die Ochsentour: Gefühlte Ewigkeiten, zumindest aber viele Monate dauert es, bis alle Papiere von der einen europäischen Sozialversicherung zu anderen gewandert und geprüft und bis die beanstandeten Zahlungen endlich überwiesen sind.

Manchmal macht ein schwer leserlich ausgefülltes Formular sogar das unmöglich – trotz der eCard als europaweitem Vorzeigeprojekt.

Einen Schritt in eine andere Richtung präsentierte am Mittwoch in Brüssel der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger. Bereits seit Sommer ist der digitale Datenaustausch zwischen Österreich und den Sozialversicherungsträgern mehrerer Nachbarstaaten möglich.

Geht es nach Plan, soll dies spätestens in drei Jahren auch im gesamten Gebiet der EU sowie in der Schweiz, Liechtenstein, Island und Norwegen so sein: „Indem wir die weitere Vernetzung der Sozialversicherungssysteme vorantreiben, können Ansprüche viel schneller geltend gemacht werden“, sagt Alexander Biach, Chef des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger.

Er verspricht: „Wenn man in mehreren Ländern gearbeitet hat und dann mühsam in allen Staaten Post einholen und Briefe schreiben muss, ist das mühsam – doch das gehört alles der Vergangenheit an. Das bedeutet: Zeit, Geld und Nerven sparen.“

Ein Papier-Großglockner

Für die Versicherten ändert sich nichts – sie können weiter ihre Anträge online oder in Papierform einreichen. Nur die Bearbeitung ihrer Fälle soll eben vereinfacht und schneller werden. 25 EU-Staaten werden bis Mitte 2020 ihre technischen Voraussetzungen so weit nachgerüstet haben, damit der effiziente – und auch sichere – Datenaustausch Realität werden kann. Nur Luxemburg, Griechenland und die Slowakei hinken noch hinterher.

Über 60.000 Nachrichten wurden in den vergangenen vier Monaten europaweit über diesen Weg bereits ausgetauscht. Dadurch sei insgesamt ein Papierberg „in der Höhe des Großglockners“ eingespart worden, so Biach.

Gemeinsam mit Othmar Karas, Vizepräsident des EU-Parlaments, sieht Biach Österreich damit in einer Vorreiterrolle. Als erster EU-Staat hatte Österreich von der EU-Kommission die Freigabe für das elektronische Datenaustauschsystem (EGDA) erhalten.

Weit weniger bezahlt, als gefordert

Gemeinsam mit Slowenien wurde das Terrain in einer ersten Versuchsphase beschritten. Zur großen Zufriedenheit beider Staaten: Von Leistungen bei Krankheit, Invalidität, Mutterschaft, Pensionen, Arbeitsunfällen bis hin zu Sterbegeld wird fortan alles digital bearbeitet.

Knapp zwei Millionen grenzüberschreitender Fälle haben Österreichs Krankenversicherungen in den vergangenen fünf Jahren bearbeitet. 755 Millionen Euro musste Österreich dabei an andere europäische Sozialversicherungen zahlen. Rückgefordert wurde hingegen eine Milliarde Euro.

Noch viel schneller, leichter und unbürokratischer könnten grenzüberschreitende Sozialleistungen innerhalb der EU geregelt werden, gäbe es eine einheitliche europäische Sozialversicherungsnummer. Doch auch wenn EU-Vizeparlamentschef Karas (ÖVP) auf ihr „Kommen in den nächsten Jahren hofft“, bleibt sie vorerst Zukunftsmusik. Denn Sozialversicherungspolitik fällt nach wie vor in die Kompetenz nationaler Regierungen.

Kommentare