Benzinbrüder, Dracula-Fans und lustige YouTuber: Die schrägsten Neulinge im EU-Parlament

Filip turek posiert gerne mit exklusiven Autos - er war Rennfahrer
Der eine will sich vor allem um die Rettung PS-starker Automotoren kümmern, der andere will gegen "Satanisten und Globalisten" kämpfen, und einige dieser seltsamen Vögel spazieren dabei haarscharf am äußersten rechten politischen Rand. Die EU-Wahl hat fast überall in Europa auch wieder äußerst ungewöhnliche Erscheinungen ins EU-Parlament gespült. Von dem halten einige der Neulinge übrigens grundsätzlich gar nichts und wollen statt Europapolitik zu machen, diese zerstören oder ganz einfach ihren Spaß damit haben. Ein kurzer Über- und Einblick in die Randzone der Europäischen Demokratie.
George Simion (Rumänien): Trump und Dracula als Vorbild

Die EU hält der Ultranationalist aus Rumänien grundsätzlich für eine Verschwörung der Mächtigen, die den Ländern Europas Religionen wie den Islam und fremde Kulturen unterjubeln und sie so unterdrücken wollen. Für ihn und seine Partei AUR gilt also, gegen diese EU und das System anzukämpfen. Das kann die rechtsradikale Partei jetzt mit beachtlichen sechs Sitzen im EU-Parlament tun. Vorbild für Simeon ist Donald Trump, in dessen Stil er jetzt "Rumänien wieder groß machen" will, aber auch der mittelalterliche Fürst Vlad Dracula, genannt "der Pfähler", der zum Vorbild für die Horror-Legende wurde. Der habe sich wenigstens nichts gefallen lassen. Auch die Tatsache, dass das Nachbarland Moldau ein eigener Staat ist, hält er für eine Verschwörung gegen Rumänien. Er erklärt die Annexion Moldaus zum politischen Ziel.
Filip Turek (Tschechien): Benzinbruder mit Liebe zu Waffen und Nazi-Trödel
Dass er die rechte Hand beim offenen Fenster zum Hitlergruß ausstreckte, während er mit einem seiner Sportwagen unterwegs war, wurde zum handfesten politischen Skandal, verschaffte aber dem 38-Jährigen nur noch mehr Rückenwind bei seinen Fans. Schließlich ist der ehemalige Rennfahrer, der mit Nazi-Symbolik genauso unernst umgeht wie mit Corona-Verschwörungstheorien und blankem Rassismus, für seine Provokationen bekannt. Die darf Turek in mehreren Polit-Diskussionsrunden in Internet-TV-Sendern ausführlich verbreiten. Mit teils undurchsichtigen Geschäften, etwa mit Apparaten zur Corona-Abwehr, hat Turek genug Geld gemacht, um sich eine Sammlung von Sportwagen, Waffen, aber eben auch Nazi-Devotionalien zu leisten. Im EU-Parlament will er mit seinem Parteienbündnis mit dem sinnlosen Namen "Versprechen und Kraftfahrer" vor allem einmal den Verbrennungsmotor retten. Dafür hat er immerhin drei Sitze im Parlament zur Verfügung.
Alvise Perez (Spanien): Rechtsprechung mit der Maschinenpistole
Eigentlich hatte in Spanien die Partei Vox mit ihren "Ausländer raus"-Parolen und der offenen Leugnung der Verbrechen der Franco-Diktatur den rechten politischen Rand verlässlich abgedeckt. Dann aber kam Alvise Perez und platzierte sich noch weiter rechts. Seine Bewegung "Die Party ist zu Ende" ("Se acabo la fiesta") erklärt das ganze demokratische System Spaniens für schrottreif und will es von Grund auf neu aufbauen. Mit welchen Mitteln, das macht der 34-Jährige, der bereits mehrfach wegen Verleumdung politischer Persönlichkeiten verurteilt worden ist, sehr deutlich. Er will Ausländer konsequent aus dem Land werfen, gegen Drogenhändler mit der Maschinenpistole vorgehen und für alle anderen "Verbrecher", von korrupten Politikern bis Obdachlosen das größte Gefängnis Europas bauen. Jetzt zieht er mit drei Mandaten ins EU-Parlament ein.
Fidias Panayiolou (Zypern): Reist gerne gratis und umarmt Prominente

Nein, ein politisches Anliegen hat der 24-Jährige deklariert nicht. Er habe keine Ahnung von Politik, und auch von der EU nicht, hat der Influencer schon zu Beginn seiner Wahlkampagne offenherzig zugegeben, er wollte nur junge Leute zum Wählen motivieren. Dass daraus ein fulminanter Wahlsieg mit fast 20 Prozent der Stimmen auf Zypern werden sollte, hat "Fidias", so kennen ihn seine Millionen follower auf YouTube selbst überrascht: "Es ist ein Schock, ein Wunder" war seine erste Reaktion. "Die Parteien sollten das als Warnung nehmen und den Menschen mehr zuhören", seine zweite. Bekannt wurde Fidias durch seine über Youtube verbreiteten Ideen und Abenteuer, wie etwa ohne Fahrkarte mit dem Zug durch Japan zu reisen, oder sich mit möglichst vielen Prominenten fotografieren zu lassen. Sein berühmtestes Opfer wurde schließlich Elon Musk. Die Jagd auf den Milliardär wurde von Millionen von "Fidias"-Fans verfolgt.
Grzegorz Braun (Polen): Ultrareligiöser Antisemit und Corona-Leugner

Bekannt wurde der heute 57-Jährige, als er 2005 die angebliche Zusammenarbeit der polnischen "Solidarnosc"-Legende Lech Walesa in einem Dokumentarfilm aufdeckte. Seither versucht sich Braun als Filmemacher, Verfasser politischer Streitschriften, oder eben als Politiker, wo er mit seiner Partei "Konfederajca" auch schon im polnischen Parlament sitzt. Grundsätzlich vertritt er rechtskonservative Ideen von der Förderung katholischer Internate über die Wiedereinführung der lateinischen Messe bis hin zur militärischen Erziehung für Jugendliche. Für Skandale aber sorgt der Parlamentarier durch seinen offenen Antisemitismus und das öffentliche Vorgehen gegen religiöse Symbole des Judentums. So löschte er im Dezember 2023 mit einem Feuerlöscher einen im Parlament in Warschau aufgestellten jüdischen Chanukka-Leuchter. Als Erklärung für seine Tat führte die "satanistischen, triumphalistischen" Ideen des Judentums an, die hinter den Feiern zu Chanukka stehen würden. Braun hat auch als Corona-Leugner, der für ein Verbot der Impfung eintrat, für Aufsehen gesorgt., Homosexuelle bezeichnet er grundsätzlich als "Sodomiten" und das moderne Polen will er durch die alte Adelsrepublik, die im 18. Jahrhundert unterging, ersetzen. All diese Ideen kann Braun jetzt im EU-Parlament mit sechs Abgeordneten vertreten.
Kyriakos Velopoulos (Griechenland): Ausländerfeindlich und Russland-freundlich
Rechtsextreme nationalistische Parteien sind nichts Neues in Griechenland. Lange war dieser Platz am rechten Rand für die Partei "Goldene Morgenröte" reserviert, die aber schließlich wegen ihrer neonazistischen Haltungen verboten wurde. Ihre politische Nachfolge haben mehrere rechtsextreme Parteien angetreten, von denen es drei ins EU-Parlament geschafft haben. Die stärkste mit zwei Mandaten ist die von Velopoulos gegründete "Griechische Lösung". Ihre Positionen sind erwartbar: Ausländerfeindlich, eng mit der orthodoxen Kirche verbunden und nationalistisch. So erkennt man Abkommen mit dem Nachbarstaat Nordmazedonien nicht an, solange der den Begriff Mazedonien in seinem Namen trägt. Velopoulos fühlt sich weniger der EU als Russland verbunden, dem seiner Ansicht nach der Krieg in der Ukraine aufgezwungen wurde. Die traditionelle Feindschaft mit der Türkei pflegt der 58-Jährige mit Ideen wie dem Bau eines elektrisch geladenen Grenzzauns.
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