Auch von der Leyen selbstsicher
In Brüssel beginnt schon Stunden nach der Wahl das Tauziehen um die Macht in der EU. Und die EVP als klarer Wahlsieger beansprucht diese uneingeschränkt für sich - und für Ursula von der Leyen. In den Wochen vor der Wahl war die Kritik an ihr auch in der eigenen Parteienfamilie laut geworden, Gegenkandidaten tauchten plötzlich auf, wurden sogar favorisiert.
Mit dem Erfolg bei der Wahl im Rücken zeigt sich die Deutsche aber so selbstbewusst wie schon lange nicht. "Die politische Mitte hat gehalten und die EPP bleibt der Anker der Stabilität", erklärte sie in der Wahlnacht. Die Kritik an ihr scheint vorerst jedenfalls verstummt.
Sozialdemokraten: Blockade für Rechte und Meloni
Auch Europas Sozialdemokraten zeigen sich bereit, Von der Leyen zu unterstützen: Nicht nur bei der Abstimmung im Parlament im Juni, sondern wie bisher in einer Koalition mit den Liberalen von "Renew" als drittem Partner. Der sozialdemokratische Spitzenkandidat, der Luxemburger Nicolas Schmit, spricht schon von einer "starken Zusammenarbeit". Hinter den Kulissen aber versuchen die Sozialdemokraten bei den ersten Gesprächen mit ihrem schon bisherigen Koalitionspartner ein paar Pflöcke einzuschlagen.
Dass sich Von der Leyen zuletzt an Italiens rechte Premierministerin, Giorgia Meloni, angenähert hatte, dass viele in der EVP offen von einem möglichen Bündnis mit Melonis "Fratelli d'Italia" sprechen: Das liegt für die Sozialdemokraten hinter der Roten Linie. "Das gibt es nur ohne uns", machen Spitzenfunktionäre deutlich.
"Wenn dann die Grünen"
Das Problem für die Zukunft des Dreiparteien-Bündnis im EU-Parlament. Die Liberalen von "Renew" haben eine klare Niederlage eingefahren, bedingt vor allem durch das Wahldesaster von Emmanuel Macrons Partei "Renaissance" in Frankreich. Die Mehrheit für die drei steht zwar, aber sie ist schwächer als zuvor. Man könnte also weitere Partner gut gebrauchen. Für die Sozialdemokraten gibt es da nur eine Möglichkeit: Die Grünen.
Gegenwind für Klimathemen
Die aber haben ebenso eine Wahlniederlage zu verdauen - und dazu die Tatsache, dass ihre Themen, Klima- und Umweltschutz derzeit ganz hinten auf der Wunschliste der EVP stehen. Kein Zufall, dass deren Generalsekretär Klimathemen im Hintergrund nicht einmal erwähnt.
Natürlich will man sich vom "Green Deal", also dem großen Gesetzespaket aus den letzten fünf EU-Jahren offiziell nicht ganz verabschieden. Aber die grüne Politik, so formuliert man es höflich, aber deutlich, "muss pragmatischer werden. Ein Green Deal muss auch eine konkurrenzfähige Wirtschaft möglich machen."
Offenen Streit mit den Grünen, der bei wichtige Debatten im EU-Parlament im letzten Jahr ausgebrochen ist, will die EVP nicht mehr haben: Es gehe um eine "klare Linie, einen klaren politischen Kurs", an den müssten sich alle halten, die mit den Christdemokraten zusammenarbeiten wollten. Und dieser Kurs, auch das ist schon am Tag nach der Wahl klar, steuert auf eine Stärkung der Wirtschaft hin, nicht auf mehr Klimaschutz.
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